Neulich auf der Tangente in Karlsruhe: Die Blicke von meiner Tochter und mir bleiben trotz des starken Verkehrs auf der dreispurigen Fahrbahn am Straßenrand hängen: Was ist da los? Tiere am Straßenrand? Beim zweiten Hinsehen ist klar: Es ist eine kleine Herde Ziegen mit einem Hirten! Mitten in der Großstadt – am Straßenrand! Parallel zur Südtangente! Denn es gab frisches Grün zu fressen – und einen Hirten, der sich um die Tiere gekümmert hat! „Fühl dich wohl! Egal, was um dich herum passiert!“, so schien mir der Blick aus dem Autofenster so sagen: „Fühl dich wohl! Denn du kannst dich darauf verlassen: Da ist einer, der sich um dich kümmert!“
Das Bild vom Hirten mit seiner Herde begegnet uns ja häufig in der Bibel: Die meisten von uns können den Psalm 23 auswendig: „Der Herr ist mein Hirte – mir wird nichts mangeln!“, so heißt es da ja bekanntermaßen. Aber auch im Alten Testament, so z.B. im Prophetenbuch Hesekiel, im 34. Kapitel vergleicht sich Gott selbst mit einem guten Hirten – und beschwert sich durch den Mund des Propheten über die Oberen des Volkes, die ihr Volk führen wie schlechte Hirten, die ihre Herde aus den Augen verlieren, die ihre Tiere im Stich lassen, so dass jedes einzelne Tier zusehen muss, wie es klar kommt.
Die Bezüge zum hier und jetzt lassen sich unschwer herstellen: Ein Volk, das Führung braucht in diesen Tagen; die Menge an Einzelnen, die vor Krankheit und wirtschaftlichem Totalausfall zu schützen sind; Quertreiber - oder von mir aus: „Querdenker“ – die keine Lust haben, sich an die Worte und Mahnungen der Hirten zu halten, sondern lieber machen wollen, wozu sie gerade Lust und Laune haben: Sie alle gehören ja doch zusammen und wollen geführt und geleitet werden; oder sollten vielmehr geführt und geleitet werden. Da ist ein Streit darum, wer denn nun der bessere Hirte sein könnte, sicherlich wenig hilfreich. Vielmehr wird er nur die auseinander strebenden Tendenzen in der Herde weiter verstärken. Frei nach dem Motto: „Macht doch, was ihr wollt! Ich mache das auch so!“
Das Hirtenbild der Bibel sieht anders aus – auch das Bild der Herde, das uns da gezeichnet wird. Ich muss in diesen Tagen oft an das Gleichnis Jesu von dem „Verlorenen Schaf“ denken, wo der gute Hirte das eine verlorene Schaf sucht und die übrigen 99 seiner Herde allein zurücklässt. Denn Sie wissen ja, der Begriff: „Pastor“ heißt ja nichts anderes als „Hirte“; und da bin auch ich, da sind auch meine Kolleginnen und Kollegen gefragt: Auch wir sollen und wollen gute Hirtinnen und Hirten sein! Aber wie soll das gehen, mitten in einer Pandemie? Wie kann ich da dem verlorenen Schaf nachlaufen; es schließlich in den Arm nehmen und mir auf dann auf die Schulter legen? – Das geht doch so gar nicht in diesen Tagen! Und ich hänge ein bisschen der Frage nach: Wenn sich der gute Hirte im Gleichnis Jesu aufmacht, um das eine, das verlorene Schaf, zu suchen – dann lässt er doch in dieser Zeit die 99 anderen Schafe allein! Er lässt sie schutz- und führungslos zurück!? Ist das wirklich verantwortungsbewusstes Handeln? Und: Muss man sich da überhaupt für ein entweder / oder entscheiden, oder gäbe es nicht auch noch galantere Möglichkeiten?
Ein guter Hirte kann wohl beides miteinander vereinen – so zeigen es uns die Bilder in der Bibel und so kennen wir das auch von Führungspersönlichkeiten heute: Die große Herde beieinander halten, sie beruhigen und ihnen das Gefühl geben: „Bei mir bist du geborgen! Fühl dich einfach wohl! Denn ich sorge für dich!“ – und andererseits wird ein guter Hirte immer auch einen Blick für die Außenseiter, Einzelgänger und Exoten in der Herde haben. Denn genau das macht ja einen guten Hirten aus, dass jeder sich darauf verlassen kann: „Bei mir bist du geborgen! Fühl dich einfach wohl! Denn ich sorge für dich!“
Im Prophetenbuch Hesekiel (Hes 34,16) klingt das so: Gott spricht: „Ich will das Verlorene wieder suchen und das Verirrte zurückbringen und das Verwundete verbinden und das Schwache stärken und, was fett und stark ist, behüten; ich will sie weiden, wie es recht ist!“
Hier begegnet uns Gott als guter Hirte. Als einer, dem beides gelingt: Das Verlorene suchen und finden ebenso wie den Starken und Zufriedenen hüten und bewahren! Denn beides gehört doch zu den Aufgaben einer starken Führungspersönlichkeit: Sich um die zu kümmern, denen es gut geht, die gern dabei sind und viel Verantwortung für ihren Bereich übernehmen – und natürlich auch die Sorge um die, die verloren zu gehen drohen. Gott sagt zu, sich um beide zu kümmern. Es ist also nicht die Frage: Das eine zu tun und das andere zu lassen. Es geht vielmehr um das ganze „Rundum-Sorglos-Paket“! Gott sagt uns also zu: „Bei mir bist du geborgen! Fühl dich einfach wohl! Denn ich sorge für dich!“
So ist das Bild vom „Guten Hirten“ sicher bis heute prägend – selbst für Menschen, bei denen man das so gar nicht vermutet hätte: Über den großen Theologieprofessor und Systematischen Theologen Karl Barth (1886-1968) wird folgendes erzählt: Als er gefragt wurde, ob er seinen christlichen Glauben in einer Kurzform beschreiben könne, habe er mit dem Lied geantwortet: „Weil ich Jesu Schäflein bin“. Das ist absolut bemerkenswert, wie ich finde, dass ein Mann, der die dogmatische Theologie auf 9.300 Seiten in 13 Bänden entfaltet hat, eine so schlichte Antwort geben konnte: „Weil ich Jesu Schäflein bin, freu ich mich nur immerhin über meinen guten Hirten, der mich wohl weiß zu bewirten, der mich liebet, der mich kennt und bei meinem Namen nennt.“ (Henriette Maria Luise von Hayn, 1724-1782 – EG 652). Wahrscheinlich hat Karl Barth recht: Am Ende ist das einzige, was wirklich zählt, dass es jemanden gibt, der uns von Herzen liebt und uns zuruft: „Fühl dich einfach wohl!“
Wir beten:
Gott, liebender Vater und guter Hirte: Du gibst uns Schutz und Halt und sorgst für uns wie ein guter Hirte, dafür danken wir dir. Jesus, du guter Hirte, du hast nicht nur ein Auge auf die Starken, Kräftigen und Zufriedenen; nein, du schaust auch nach denen, die verletzt sind, die krank sind an Leib und Seele und die sich aus welchen Gründen auch immer verlaufen haben. Dafür danken wir dir! Heiliger Geist, du Stimme Gottes in uns, hilf, dass wir den Ruf Gottes, des guten Hirten, nicht überhören und leite uns auf guten Wegen. Amen. Vater unser ….
Segen:
So segne und behüte uns Gott, der gute Hirte, es segne uns der Sohn, der uns behütet und nach uns schaut, auch dann, wenn wir uns verlaufen sollten und es segne uns der Heilige Geist, durch den wir Gottes Nähe spüren können. Amen.
Einen gesegneten Hirtensonntag wünscht Ihnen Ihr Pfarrer Andreas H. Pfautsch
Höhepunkte: Woran denken Sie zuerst, wenn Sie das Wort „Höhepunkte“ lesen? Im Zusammenhang mit dem Palmsonntag denke ich da natürlich zuerst an unsere Konfirmandinnen und Konfirmanden. Denn schließlich wäre am Palmsonntag die Konfirmation in Wörth der Höhepunkt einer fast zweijährigen Vorbereitungszeit von Heranwachsenden. Der Höhepunkt nach einem längeren Stück gemeinsamen Weges. Der Höhepunkt, den die Eltern, Geschwister und die ganze Familie gemeinsam mit der Konfirmandin und dem Konfirmanden feiern würden. Der Höhepunkt, an dem die Jugendlichen mal so richtig im Mittelpunkt stehen dürfen – zu Recht! Denn sie feiern ihre selbstbestimmte Aufnahme in den Kreis der erwachsenen Christen. Sie sagen ihr eigenes „Ja“ zu ihrer Taufe, an die sie sich meist nicht mehr aktiv erinnern können und die Eltern, Verwandten und die ganze Gemeinde feiert mit Ihnen gemeinsam ein großes Fest. Dieser Höhepunkt muss auch in diesem Jahr erst einmal ausfallen, muss verschoben werden. Und das nun leider schon zum zweiten Mal. Denn wir leben derzeit ja leider in einer Zeit, in der die Höhepunkte des Lebens eben nicht festlich begangen werden dürfen: Taufen, Konfirmation, Trauungen und andere Familienfeste werden abgesagt oder höchstens im allerkleinsten Familienkreis begangen. Aber was ist ein Höhepunkt noch wert, wenn wir ihn nicht als Hoch- Zeit, als Höhen- Punkt, als einen besonderen Moment begehen können, der aus der Masse der Alltage herausstechen darf?
Gerade in den Gesprächen mit den Konfis und deren Eltern; aber auch bei Geburtstagsjubilaren spüre ich diese Traurigkeit, dass diese wunderbaren Höhepunkte in einer Lebensbiografie erst einmal nicht begangen werden können. Wie schwer es fällt, das Fest noch einmal zu schieben. Wie wir mühsam es ist, einen festen Ersatztermin festzulegen. Denn ich bin mir sicher: Wir brauchen für die Gesundheit unserer Seelen solche Höhepunkte im Leben.
Genauso wie eine Gesellschaft Höhepunkte braucht, auf die wir uns gemeinsam vorbereiten und an denen wir uns gemeinsam erfreuen können. Und da schmerzt es nicht nur den geübten Kirchgänger, dass wir auch in diesem Jahr wieder auf die gemeinsame Feier der hohen Feiertage Karfreitag und Ostern verzichten müssen. Auch in diesem Jahr werden wir uns nicht in den Kirchen versammeln, werden nicht gemeinsam singen und können wieder nicht zusammen diesen Wechsel von tiefer Trauer am Karfreitag hin zum Auferstehungsjubel am Ostersonntagmorgen spürbar miterleben. Mir wird da etwas fehlen. Ein weiterer Höhepunkt des Kirchenjahres muss sozusagen in der Ebene begangen werden. Mir fällt das zunehmend schwerer, das auszuhalten – und ich weiß, dass es vielen ganz genauso geht.
Ganz anders war damals die Stimmung bei den Freundinnen und Freunden von Jesus. Damals am ersten Palmsonntag: Jesus hatte seine Anhänger ja in Galiläa um sich geschart. Sie kamen fast ausnahmslos aus der Gegend um den See Genezareth. Also aus dem Norden des heutigen Israels. Nun war Jesus mit ihnen aufgebrochen nach Jerusalem. Er zog mit ihnen ins Zentrum der jüdischen Welt. In die Metropole, die durch ihren Tempel eine enorme Anziehungskraft ausübte. Ja, wer etwas werden wollte im Volk der Juden, der musste dort hin: Denn wer in Jerusalem Anhänger um sich scharen konnte, der hatte es geschafft. Und wer dort den Ton angab, von dem erwarteten die Landsleute von Jesus mehr als nur Worte: Sie warteten auf den Mann, der sie als König regieren sollte und der das Volk von den Römern befreien konnte.
Und es hatte sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen: Jesus kommt nach Jerusalem! Jener Jesus, der Menschen heilte, der Armen half und der ein großes Herz hatte für alle, die sonst verachtet wurden. Jesus kommt!
Und die Freundinnen und Freunde Jesu waren ebenfalls in Hochstimmung: In Jerusalem wird Jesus sich zeigen! Er wird sich für alle als der Sohn Gottes zu erkennen geben. Und dann, ja dann, wenn der Sohn Gottes in Jerusalem regiert – dann wird schon ein guter Platz an seiner Seite für uns drin sein: Und so stritten die Jünger schon mal darum, wer denn die besten Plätze am Regierungstisch einnehmen wird: Petrus als Außenminister; Judas als Finanzminister und Johannes vielleicht als Minister für Familie und Frauen? Diese Hochgefühle der Freunde Jesu wurden beflügelt, als Jesus ankündigte: „Seht wir gehen hinauf nach Jerusalem. Dort wird sich alles erfüllen …“ weiter wollten die Jünger gar nicht zuhören. Und als Jesus dann noch etwas von Leid und Schmerzen erzählte … da wurden sie sogar zornig. So sah ihr Plan für die Zukunft jedenfalls nicht aus. Sie wollten doch lieber berühmt werden und wichtige Rollen im Reich Jesu einnehmen. Und hatte Jesus nicht immer wieder vom „Reich Gottes“ gesprochen? Warum sollte dieses Reich nicht mit dem Einzug in Jerusalem beginnen?
Und ja: Das war ein echter Höhepunkt im Leben der Jünger: Dieser triumphale Einzug: Jesus reitet auf einem Esel durch die Tore der Stadt ein. Die Leute links und rechts der Straße sind außer sich vor Hoch- Gefühlen. Sie junbeln aus vielen Kehlen: „Hosianna dem Sohne Davids! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn!“ – „Davidssohn“, das war ja eine Umschreibung für einen König – aus dem Geschlecht und nach dem Vorbild Davids: Ein gerechter und gottesfürchtiger König eben, der Israel geführt und geleitet hat wie kein zweiter! Palmzweige und Kleider werfen die Leute wie einen roten Teppich vor Jesu Füße. Alles könnte so schön werden. Ein echter Höhepunkt im Leben aller, die auf Jesu Seite waren. Ob da jemand an den Tod Jesu dachte? An Leid, Schmerz und Trauer? Wohl kaum!
So ist es eben an Höhepunkten im Leben! Möge Gott uns auch bald wieder solche Höhepunkte ermöglichen – auch wenn wir nun nur zu gut wissen, dass einem Höhepunkt auch wieder Tiefschläge folgen können: Dennoch oder gerade deshalb wünsche ich uns allen, dass wir bald wieder Höhpunkte erleben können. Gerne feiern wir diese dann auch wieder gemeinsam! So Gott will und uns wieder Höhpunkte möglich sind.
Wir beten: Jesus, du Königssohn, Höhen und Tiefen hast du erlebt. Am Palmsonntag erinnern wir uns an deinen triumphalen Einzug in Jerusalem: Was für ein Höhepunkt. Wir denken heute ganz besonders an unsere Konfirmandinnen und Konfirmanden, denen so ein Lebens- Höhepunkt vorerst versagt bleibt. Jesus, sei bei ihnen und ihren Familien. Tröste sie und gibt, dass wir diesen Höhepunkt bald gemeinsam feiern können. Amen. Vater unser im Himmel …
Segen: So segne und behüte uns Gott, der Vater, der diese Welt so wunderbar erschaffen hat, es segne uns der Sohn, der wie wir Höhepunkte und Tiefpunkte durchleben musste und es segne uns der Heilige Geist, der unsere Freude an den Höhepunkten teilt und uns an den Tiefpunkten des Lebens zur Seite steht. Amen.
Einen gesegneten Palmsonntag wünscht Ihnen Ihr Pfarrer Andreas H. Pfautsch
„Erlöse uns!“
So möchten wir es am liebsten in diesen Tagen Gott zurufen. Erlöse uns von diesem bösen Virus, von unserem Gebundensein an uns selbst, von all den Einschränkungen, die wie einfach nur noch satt haben. „Gott! Erlöse uns!“
Binden und lösen – das sind zwei Gegensätze, die zu unserem Leben gehören – und natürlich auch zur Passionszeit – Jesus wird gebunden, muss als Gefangener vor den Richterstuhl. Gebunden, gedemütigt, geschlagen … und auch Jesus fleht seinen Vater an: „Vater, wenn es möglich ist, so erlöse mich von dem, was vor mir steht!“
Es geht aber auch einfacher, banaler, alltäglicher: Die Sache mit dem Binden und Lösen: Ich sage nur: Schnürsenkel! Kennen Sie das? Der berühmte Knoten im Schnürsenkel? Gerade, wenn wir es eilig haben? Gerade dann kann so ein blöder Knoten einem echt den letzten Nerv rauben! Und dann geht der Lösungs- Versuch los: Und weil ich es eilig habe, versuche ich natürlich schnell noch mal hier und da zu ziehen – das muss doch zu lösen sein! Aber genau das war die falsche Taktik: Der Knoten wird nur noch fester. Also aus der Enfernung wird das nichts. Dann hole ich den Schuh eben näher an mich heran, hole nochmal tief Luft und versuche es mit Gefühl. Und mit Logik: Also wenn ich hier ziehe, dann müsste doch … wieder nichts! Die Zeit sitzt mir im Nacken und ich will los – aber das ist dem Knoten da völlig egal. Er hält einfach fest. Und lässt sich nicht lösen. Ausgerechnet gestern habe ich mir auch noch die Fingernägel abgeschnitten – jetzt könnte ich sie nochmal gut gebrauchen, um besser an die einzelnen Fäden heranzukommen. Jetzt brauche ich einen „Erlöser“, einen, der mit Ruhe und Geduld helfen kann. Und so erschallt der Ruf durchs Haus: „Wer kann die Sache hier lösen?“ Und wie gut ist es, wenn dann jemand in Ruhe dazu kommt und hilft – und wie durch Zauberhand den scheinbar unlösbaren Knoten wieder lösen kann. Meist liegt es einfach an der Ruhe; daran, dass die andere Person einfach nicht ganz so aufgewühlt und hektisch an allen Enden zieht und die Sache dadurch nur noch schlimmer macht. Was für eine Erlösung, wenn sich der Knoten endlich lösen lässt.
So wie in diesem einfachen Beispiel aus unserem Alltag – so ist es meines Erachtens auch oft in unserem Leben: Da verknoten sich Dinge – und vor lauter Stress und Hektik, vor lauter Konzentration auf das verknotete Problem, machen wir genau die falschen Schritte: Wir ziehen an den falschen Enden und vergrößern das Problem nur noch umso mehr. Die Sache wird immer unlösbarer. Wie gut ist es, wenn man dann nach einem „Erlöser“ rufen kann, der sich der Sache annimmt und mit Ruhe und Geduld den Knoten lösen kann.
Die Bibel berichtet uns von einem Menschen, den es ganz besonders hart erwischt hatte: Hiob! Sein Elend ist geradezu sprichwörtlich geworden. Eigentlich war Hiob ein frommer und ehrbarer Mann. Er tat alles, was Gott wohl gefiel. Er hatte Frau und Kinder und auch Enkelkinder. Er hatte Hab und Gut und alles schien in bester Ordnung zu sein. Doch eines Tages brach ein Unglück nach dem anderen über ihn herein: Erst wurden seine Tiere durch Räuber und Diebe geklaut; andere Herden kamen im Gewittersturm um; und schließlich starben seine Kinder und Enkelkinder bei einem Haus- Einsturz. Binnen kürzester Zeit verlor Hiob also alles, was ein Mensch nur haben kann. Da kam eine Hiobs- Botschaft nach der anderen.
Und als ob das noch nicht genug wäre, wird Hiob selbst mit einer schlimmen Krankheit geschlagen, die ihn fast an den Rand des Todes bringt. In dieser schlimmen Lage kommen drei Freunde zu ihm. Sie kommen mit ihm ins Gespräch darüber, warum Gott all das Elend über ihn hat kommen lassen. Sie stürmen auf Hiob ein, dass er doch irgendewtas falsch gemacht haben muss in seinem Leben. Denn sie meinen: Wer Schlechtes tut – der wird von Gott bestraft – und wer Gutes tut – wird von Gott belohnt. Demnach muss Hiob etwas Schlimmes getan haben – wenn er so von Gott gestraft wird. Damit sind die Freunde also nicht die gewünschten „Löser“ des Problems. Sondern sie sind eher wie diejenigen, die heftig an allen Stricken ziehen – und damit den Knoten nur noch fester verknoten: Denn Hiob ist sich keiner Schuld bewusst: Er hat vor Gott ein reines Gewissen. Hat er sich doch an alle Gebote gehalten, hat er doch für seine Familie gebetet und seine Kinder im Glauben an Gott erzogen – und so klagt er am Ende Gott an. Er klagt ihm sein Elend – in seiner verkorksten und verknoteten Lebenssituation. Doch mitten hinein in dieses Klagen über Gottes ungerechtes Handeln dem Hiob gegenüber kann der geschundene Mann dann doch den Blick erheben. Und seine Worte klangen den späteren Christen wie prophetische Worte. Hoffnungsworte von einem Mann, der selbst ganz tief im Dreck sitzt. Denn Hiob kann zu seinen Freunden sagen: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt. Als mein Anwalt wird er auf der Erde auftreten und zum Schluss meine Unschuld beweisen!“ Denn auch Hiob hat sich in all seinem Elend verheddert und verknotet – er braucht einen „Erlöser“, der sich seiner Sache annimmt und den Knoten für ihn löst!
Im Hiobbuch lässt Gott sich am Ende tatsächlich sehen und hören: Er löst den Knoten und die für Hiob und seine Freunde unlösbare Frage nach dem „Warum“ auf. Er stellt das ganze Elend, das über Hiob hereinbricht, als eine Art Prüfung des Frommen dar. Eine Prüfung, die Hiob mit Bravour besteht. Und so setzt Gott ihn am Ende wieder in seinen früheren Stand ein: Hiob bekommt noch einmal Kinder, er erhält sein Hab und Gut sogar in vermehrter Form zurück. So wird Hiob zum Vorbild eines unschuldig Leidenden. Aber auch als Wegweiser für Jesus Christus: Seine Worte: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt!“ – haben die Christen so verstanden, dass die Hoffnung auf den auferstandenen Herrn, Jesus Christus, unseren Erlöser, niemals endet – selbst dann nicht, wenn sich unser ganzes Leben total „verknotet“ hat. Er, Jesus, wird lösen und erlösen, was in unseren Augen unrettbar verknotet ist. Und so will ich auch in diesen Tagen mit Hiob rufen: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt! – Jesus: Erlöse uns!“
Wir beten: Himmlischer Vater, manchmal verstehen wir deine Wege nicht. Und unser Leben kommt uns ganz schön hoffnungslos verknotet vor. Hilf uns auf deinen Sohn, Jesus Christus, zu vertrauen, der für uns die Dinge im Himmel und auf Erden gelöst hat. Danke Jesus, dass Du für uns den bitteren Weg ans Kreuz gegangen bist – zur Erlösung für uns. Mach uns fest im Vertrauen auf deinen guten Geist, dass du bei uns bist und löst, was für uns unlösbar scheint. Wir bitten mit den Worten Jesu: Vater unser im Himmel … erlöse uns von dem Bösen …
Segen: So segne und behüte uns Gott, der Vater des Erlösers, es segne uns der Sohn, der für uns den Knoten gelöst hat es segne uns der Heilige Geist, der uns Lösungen aufzeigt.
Einen gesegneten Sonntag Judika wünscht Ihnen Ihr Pfarrer Andreas H. Pfautsch
Verlieren Sie gern? Also ich nicht! Ich möchte jedes Spiel gewinnen. Ob nun beim Spiel mit anderen oder auch im übertragenen Sinn. Gewinnen ist schön. Gewinnen hebt das Selbstbewusstsein. Wer gewinnt fühlt sich auf der Siegerstraße und wird gleich ein bisschen größer: „We are the champions – no time for loser …“ wie das die Gruppe: ‚Queen‘ einmal gesungen hat – „Wir sind die Sieger! Keine Zeit für Verlierer – wir sind die Sieger der ganzen Welt.“. Ein Song, der fast immer nach einer gewonnenen Meisterschaft gespielt wird: Ja, gewinnen ist schön!
Aber niemand kann immer nur gewinnen. Verlieren gehört zu unser aller Leben dazu. Jesus sagt sogar: „Wer sein Leben verliert, der wird’s gewinnen!“ – Wie ist das denn nun schon wieder zu verstehen?
Jesus erklärt das mit einem Beispiel aus der Landwirtschaft: Ein Samenkorn muss in die Erde gesteckt werden, damit es Frucht bringen kann. Es muss sich sozusagen selbst aufopfern, auflösen, damit eine neue Pflanze, ein neues Leben und neue Früchte wachsen können. Das geht nur dann, wenn das Samenkorn wirklich in die Erde gelegt wird: Wenn es durch Wasser und Nährstoffe angeregt wird, fängt es an zu keimen, schlägt kleine Wurzeln und verwandelt sich somit nach und nach in ein neues Lebewesen. Nur dadurch entsteht neues Leben. Das Samenkorn muss sich also verlieren, um neues Leben zu gewinnen.
Aber wer verliert schon gern? Und dann noch das eigene Leben verlieren – um neues Leben zu gewinnen? Das ist dann doch ganz schön viel verlangt, oder? Denn: Verlieren, das müssen wir alle miteinander schmerzhaft lernen. Gewinnen – das kann jeder. Das ist einfach. Das muss man niemandem beibringen. Aber verlieren? Das ist ein langwieriger und schwerer Lernprozess!
Als ich ein Kind war, musste ich das ziemlich dauerhaft üben: Als jüngstes Kind meiner Eltern hatte ich es immer mit zwei älteren Geschwistern zu tun. Die hatten einfach drei oder fünf Jahre Vorsprung! Sie waren einfach größer, stärker und schlauer als ich. Logisch, dass ich da fast immer den Kürzeren gezogen habe. Und irgendwann habe ich aufgehört meine Niederlagen zu zählen. Umso triumphaler war dann der Sieg, wenn mir dann ausnahmsweise mal ein Sieg gelang. Aber wenn meine Mutter beim Spiel absichtlich verlieren wollte, damit ich mich besser fühlen sollte – dann konnte ich das auch nur schlecht aushalten. Nein, ich wollte dann schon mit fairen Mitteln gewinnen – obwohl die Startbedingungen ja auch nicht fair waren. Vielleicht gewinne ich deshalb bis heute so gern – habe aber auch ziemlich einschlägige Erfahrungen, was es heißt, zu verlieren und wie man damit umgehen kann.
Als ich dann selbst Vater von nunmehr drei Kindern geworden bin, habe ich auch gelernt, wie man dieses Vermögen zu verlieren nennt: Das Vermögen mit Niederlagen klar zu kommen: Frustrationstoleranz! Also die Fähigkeit, mit frustrierenden Situationen und mit Niederlagen umzugehen. Schon Kinder im Kindergarten müssen diese Frustrationstoleranz lernen, um später im Leben gut zurecht zu kommen: Denn gewinnen, das kann ja jeder! – Verlieren will gelernt sein!
Jesus setzt da wie gesagt noch eins drauf, wenn er sagt: „Wer sein Leben verliert, der wird’s gewinnen!“ Das sagt er ausgerechnet zu Leuten, die extra aus dem fernen Griechenland zu ihm gekommen waren, um Lebenserkenntnisse von ihm zu „gewinnen“. Diese Griechen – die ja in der Antike als besonders schlau galten – gehen zu Jesus. Zu dem Mann, der in aller Munde ist, wegen seiner Wunder, aber auch wegen seiner weisen Worte. Und so erwarten die Griechen echten Erkenntnis- „Gewinn“. Doch als Jesus ihnen begegnet, sagt er: „Die Zeit ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht werde. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.“ Ich denke, dass die Griechen da ziemlich ratlos da standen: Erkenntnis – Gewinn? Gleich null. Verständnis für das, was Jesus da sagt? Auch gleich null. Und wurde nun ihre Neugierde befriedigt? Ebenfalls – null Punkte!
Denn Jesus sagt: Wer verliert – der gewinnt! Jesus hat sozusagen „Frustrationstoleranz“! Ja, er wird am Ende selbst bereit sein, diesen Weg der Selbstaufgabe zu gehen. Jesus hat also bereits im Vorfeld um sein Lebensende gewusst. Er lässt sein eigenes Leben bewusst los, gibt sich hin; ja gibt sich wie ein Samenkorn selbst auf, damit neues Leben entstehen kann. Damit die Saat des Reiches Gottes aufgehen kann; damit Gott das Wunder der Auferstehung bewirken kann. All das geht nur, wenn Jesus sich selbst verliert – nur so kann er am Ende am Ostersonntagmorgen den Sieg über Finsternis und Tod davon tragen.
Jesus sieht das voraus. Wir stehen oft völlig ungläubig vor dem, was uns im Leben passiert. Wir stehen da wie die angeblich so schlauen Griechen und hängen an den Lippen Jesu und verstehen nichts! Denn die Deutung dessen, was uns im Leben begegnet, die gelingt uns oft erst im Nachgang; im Nachhinein! In unserem Leben gibt es viele Verlust- Erfahrungen, viele Niederlagen, vieles, was wir loslassen müssen. Und viel zu oft, sieht das dann gar nicht so aus wie eine gute Erfahrung: Aber wer auf Jesus schaut, der kann von ihm lernen: „Wer sein Leben verliert, der wird’s gewinnen!“ Denn: Wer verliert – gewinnt! So paradox ist unser Leben. Und so manches Lied weiß, dass beides oft zusammenfällt: Sieg und Niederlage; Freud und Leid – bei Gott sind das keine Gegensätze mehr, sondern zwei Dinge, die ganz eng zusammenfallen. Denn: Wer verliert – gewinnt!
Wir beten mit den Worten des Liedes „In dir ist Freude“ (EG 398):
In dir ist Freude, in allem Leide, o du süßer Jesu Christ! Durch dich wir haben, himmlische Gaben, du der wahre Heiland bist. Hilfest von Schanden, rettest von Banden. Wer dir vertrauet, hat wohl gebauet, wird ewig bleiben. Halleluja. Zu deiner Güte, steht unser G’müte an dir wir kleben in Tod und Leben, nichts kann uns scheiden. Halleluja. Wenn wir dich haben, kann uns nicht schaden, Teufel, Welt, Sünd‘ oder Tod, du hast’s in Händen, kannst alles wenden, wie nur heißen mag die Not. Drum wir dich ehren, dein Lob vermehren mit hellem Schalle, freuen sich alle zu dieser Stunde. Halleluja. Wir jubilieren und triumphieren, lieben und loben dein Macht dort droben mit Herz und Munde. Halleluja. Amen. Vater unser im Himmel …
Segen: So segne und behüte uns der Gott, der Vater, der Herr über Leben und Tod, der Sohn, der sich selbst hingegeben hat und der Heilige Geist, der uns den Sieg des Lebens schenkt.
Einen gesegneten Sonntag Lätare wünscht Ihnen Ihr Pfarrer Andreas H. Pfautsch
Wir sehnen uns nach Licht! Nach dem Sonnenschein im Frühling; nach dem Morgenlicht nach langer Nacht; nach dem Licht am Ende des Tunnels! Licht ist schön. Licht macht gesund und glücklich. Bei Licht betrachtet, sieht die Sache oft wieder ganz anders aus – viel heller, freundlicher, annehmbarer.
Der Predigtabschnitt für den Sonntag Okuli aus dem Epheserbrief ermutigt uns dazu, selbst Kinder des Lichts zu sein: „Wandelt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.“, heißt es da in Epheser 5,8+9. Als ob das so einfach wäre. Gerade in diesen Tagen, fehlt es uns doch selbst oft genug: Das Licht und die Strahlkraft der göttlichen Hoffnung.
Aber sagt Jesus nicht selbst von sich: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht in der Finsternis herumlaufen, sondern das Licht des Lebens haben?“ Macht es da nicht Sinn, sich an diesem göttlichen Licht, an Jesus, dem Quellgrund des Lichtes, Mut, Kraft, Liebe und Strahlkraft zu holen?
Im Alltag sieht die Welt ja doch oft ganz anders aus. So wie es dieser Tage in vielen Wohnungen und vielen Familien sein dürfte, erzählt folgende kleine Begebenheit:
Sie ist Krankenschwester, nennen wir sie Paula. Das Geld reicht kaum aus, um über die Runden zu kommen. Es ist schwer, allein mit den beiden Jungs zu sein. Sobald Paula den Kleinen im Kindergarten abgegeben hat, jagt sie zur Arbeit. Viel Zeit zum Umziehen bleibt nicht. Am Ende des Vormittags dann umgekehrt. Umziehen, zum Kindergarten, Essen kochen. Der Große kommt immerhin allein nach Hause. Als alleinerziehende Mutter versucht sie, Vater und Mutter zugleich zu sein. Manchmal klappt es ganz gut. Und oft auch nicht.
Gestern war Dienstbesprechung in großer Runde. Wegen der Corona-Folgen müssen sie jetzt mehr arbeiten. Patientenstau. Sie soll zwei oder drei Nachtschichten in der Woche übernehmen. „Das werden Sie ja wohl hinkriegen“, hat der Chef gesagt. „Nachts schlafen Ihre Kinder doch. Die brauchen sie da gar nicht. Und denken sie an das zusätzliche Geld. Das wollen sie sich doch wohl nicht entgehen lassen …“ In der Nacht liegt sie wach. Sie steht auf. Schleicht an die Betten der Kinder. „Wir könnten das Geld so gut gebrauchen“, denkt sie. „Ich will doch, dass ihr es guthabt!“
Es ist kein Zufall, dass nachts die meisten Tränen fließen. In der Dunkelheit sind wir verwundbar. Wenn es finster ist, frisst sich die Angst ins Herz. Wir sehnen uns nach dem neuen Morgen und nach Licht.
Wie in diesem Beispiel, wo es um die reale Dunkelheit und um die Finsternis der Nacht geht, so ist das ja auch im übertragenen Bereich: Gerade wir in Germersheim befinden uns derzeit immer noch tief im Corona-Tunnel. In einer unheimlichen un- „klaren“ Gemengelage. Um uns herum sind die berühmten Inzidenz- Zahlen viel niedriger. Aber bei uns bleiben die Zahlen hoch. Die Schulkinder dürfen nicht in die Schule und die Kleinsten sollten besser auch nicht in den Kindergarten gehen. Und das geht nicht nur alleinerziehenden Müttern nun wirklich langsam an die Substanz. Wie lange ist noch alles dunkel und finster um uns herum? Wann ist es endlich zu sehen, das „Licht am Ende des Tunnels“? Wann dürfen zumindest mal die Kinder wieder in den Kindergarten und in die Schule gehen? Wann öffnen die Geschäfte und wann können wir mal wieder gesellig Essen gehen?
Im Psalm 27 heißt es: „Der Herr ist mein Licht und mein Heil. Vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist meines Lebens Kraft; vor wem sollte mir grauen?“ – Denn Gott ist doch selbst das Licht: Gott ist derjenige, der das Licht aus der Finsternis hervorbrachte. Und Jesus, Gottes Sohn, ist doch der, der das Licht der Welt selbst ist. Und der Heilige Geist ist es doch, der uns immer wieder auch in den dunkelsten Momenten des Lebens den spärlich beleuchteten Weg hell macht. Für mich ist die Orientierung an der Strahlkraft Gottes immer wieder neu eine „Erleuchtung“. Ein Licht auf meinem Weg. Und wer selbst von diesem Licht Gottes erleuchtet wird, der trägt am Ende auch selbst seine Strahlkraft, seine Freude und seine Hoffnung hinein in unsere Welt, die leider viel zu oft dunkler ist, als es uns lieb sein kann.
Die Mutter aus unserer Beispielgeschichte, sie fasst jedenfalls in der Nacht einen Entschluss. Ob ihr die Erleuchtung dazu wohl von Gott selbst geschenkt wurde? Die Geschichte der Krankenschwester Paula ging jedenfalls so weiter:
In dieser Nacht kann Paula nicht schlafen. Sie steht noch lange am Bett ihrer Kinder. Der Kleine hält den Teddy fest am Ohr. Der Große lächelt im Schlaf. Sie schaut beide Kinder an. Wie sehr sie die beiden liebt! Um kein Geld in der Welt, würde sie sie nachts allein lassen. Jetzt weiß sie es. Vor dem Fenster geht die Sonne auf.
Am Anfang, ganz am Anfang schuf Gott das Licht. Und er trennte das Licht von der Finsternis. Und so wurde es Abend und dann wurde es Morgen. Gott sah, dass es gut war. Und so ist es bis heute. Gott liebt das Licht. Er ist bei uns im Dunkel der Nacht und leuchtet uns, wenn wir Erleuchtung brauchen. Und dort, wo wir ihm folgen, werden auch wir zu Kindern des Lichts!
Gebet:
Du Gott des Lichts, du Herr der Herrlichkeit, vor Dir muss alle Dunkelheit und Finsternis weichen. Denn Du allein bist umstrahlt von Glanz und Herrlichkeit. Du hast das Licht erschaffen, damit wir Deinen Wegen folgen können. In Jesus Christus bist Du, Gott, selbst Mensch geworden. In Deinem Sohn kam das Licht der Welt zu uns hinein in unsere dunkle Welt. Wir danken Dir dafür, dass Du, Jesus, selbst im Dunklen wohnen wolltest. Aber durch Dich ist auch die Finsternis nicht mehr finster, sondern hell und klar. Heiliger Geist, Du erleuchtest uns mit der Klarheit Deines göttlichen Wesens. Sei bei uns, wenn wir uns im Finsteren wiederfinden; erleuchte uns, wenn wir die Hoffnung verlieren wollen und entzünde in uns Dein göttliches Feuer Deiner Liebe, damit wir der Kälte und der Dunkelheit widerstehen können. Lass uns Dein Licht weitertragen in diese Welt – als Kinder des Lichts! Amen. Vater unser im Himmel …
Segen:
So segne und behüte uns der dreieinige Gott, der Vater allen Lichts, der Sohn, der selbst das Licht der Welt ist und der Heilige Geist, der uns immer wieder neu erleuchtet. Amen.
Einen gesegneten Sonntag Okuli wünscht Ihnen Ihr Pfarrer Andreas H. Pfautsch
Manchmal kann ich es kaum ertragen: Wenn mich wieder Nachrichten erreichen über die Bosheit und Gemeinheit oder auch über die Dummheit anderer Menschen. Was können einzelne Menschen doch anderen Menschen antun. Perfide Gemeinheiten, Bosheiten und subtile Grausamkeiten.
Wenn davon die Rede ist, dass erwachsene Menschen sich an kleinen Kindern vergehen; wenn Menschen in ihrem Hass- Rausch so weit gehen, dass sie andere Menschen ermorden oder auch wenn politische Führer ihr Land einfach schlecht regieren und ihr ignorantes, kurzsichtiges Verhalten dazu führt, dass alles noch schlimmer wird und sogar Menschleben am Ende für falsche Politik bezahlen müssen; dann, ja dann steigt auch in mir die Wut auf; der „normale“ Drang, etwas dagegen zu tun; mit mächtigen Mitteln dagegen anzukämpfen und diesen Leuten doch bitte das Handwerk zu legen. Und wer würde da nicht insgeheim schon einmal ganz brutale Strafen für solche Menschen erdacht und ersonnen haben.
Und dann lese ich diese Worte des Paulus im Römerbrief: „Vergeltet niemand Böses mit Bösem! Habt mit allen Menschen Frieden! Rächt euch nicht selbst! Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem!“ (Röm 12,17-21)
Ja, Paulus, möchte ich sagen: Ja, Paulus, du hast im Prinzip Recht! Natürlich ist es besser, nicht Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Und sicher: Es ist weitaus edler, dem Bösen nicht einfach mit wieder etwas Bösem zu begegnen. Aber kann ich damit das Böse wirklich eindämmen? Werde ich da nicht zum Verlierer? Zum „Weichei“, mit dem man alles machen kann? Lasse ich dann nicht am Ende das Böse einfach gewähren? Ich muss doch dem Bösen auch etwas entgegensetzen, sonst breitet es sich doch immer weiter aus, wird größer und größer und das Gute verliert am Ende – mal wieder? Hast du, Paulus, das auch bedacht – in deiner friedlichen Absicht und edlen Gesinnung?
Aber wer genau liest, der findet bei Paulus auch dazu eine Antwort: „Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben: ‚Die Rache ist mein, spricht der Herr.‘“ (Röm 12,19). Das finde ich dann wieder einen durchaus hilfreichen Gedanken: Ich darf wissen: Da ist noch jemand, der das Böse sieht; der das Böse auch nicht einfach gewähren lässt: Gott wird das Böse bekämpfen und sich ihm in den Weg stellen! Und vielleicht tut er es gerade auch durch diejenigen, die dem Rat des Paulus folgen, die Böses mit Gutem vergelten und damit mehr erreichen als man auf den ersten Blick denkt: Denn um den anderen von seinem bösen Tun abzuhalten sind am Ende die Mittel von Güte und vom Tun des Guten bei Weitem besser und auch effektiver als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Eine kleine Beobachtung aus dem privaten Umfeld mag dies sehr deutlich vor Augen führen:
Zwei Geschwister stehen einander gegenüber. Eine vertraute Szene. Sie kennen einander in- und auswendig. Ihr ganzes Leben sind sie aufs Engste miteinander verbunden. Zusammen sind sie in die Jahre gekommen. Gemeinsam vom Leben gezeichnet und beschenkt. Gemeinsame Erinnerungen binden sie untrennbar aneinander. Sie kennen wechselseitig ihre Stärken und ihre Schwächen. Sie wissen manchmal, wie es dem anderen geht, bevor er es selbst weiß. Sie haben zusammen gespielt, gesungen, getanzt, gelacht, Angst gehabt, Hürden genommen, Siege errungen, Niederlagen eingesteckt, Tränen und Träume geteilt. Sie haben einander durchs Leben geholfen und sich gegenseitig Steine in den Weg gelegt. Sie sind ein Herz und eine Seele.
Aber sie können sich auch bekämpfen bis aufs Blut. Sie wissen genau, wann sie welche Spitze wo platzieren müssen, um die andere zur Weißglut zu treiben. In diesem Augenblick ist die Luft zwischen ihnen zum Schneiden. Der einen geht es richtig schlecht. Und sie ist gerade so richtig gemein. Blitze schießen aus ihren Augen, Pfeile verlassen ihren Mund: Wohlgezielt, sicher gesetzt. Der letzte hat gesessen. Ein Volltreffer, der dem anderen kurz den Atem nimmt. Wäre eine Kamera im Einsatz, würde sie an dieser Stelle die Perspektive wechseln und den Fokus auf den anderen richten. Laut Drehbuch ist jetzt sein Auftritt vorgesehen. Er kennt die Mimik, die Gestik, die jetzt von ihm erwartet wird bis ins Detail. Er sammelt sich, räuspert sich, bringt sich und seinen Körper in Position: Jetzt reichts. Jetzt kommt die Replik. Und dann – unvermittelt – hält er inne. Schluckt den Satz, der auf der Zunge schon in Habachtstellung liegt, runter. Pfeift auf die Regieanweisung und macht stattdessen einen Schritt nach vorn. Und nimmt seine Schwester einfach in den Arm.
So wie diese Geschwister sich einfach in den Arm nehmen, so meint das Paulus natürlich auch, der als gelehrter Jude natürlich auch die Geschichte von Josef und seinen Brüdern kannte. Ein Familien- Drama der feinsten Sorte – mit Kränkungen, Verrat, Lügen und Betrügen und mit einem Happy End, in dem man nichts anderes erkennen kann als die Handschrift Gottes – so wie es Joseph am Ende auch selbst formulieren kann: „Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen – aber Gott gedachte es gut zu machen!“ Und so kann er seinen Brüdern all ihre Missgunst, ihren Neid und ihren Verrat vergeben; und handelt damit genau so, wie es Paulus auch uns Christen ans Herz legt: „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem!“
Gebet:
Ewiger Gott, du Gott des Friedens: Du schaffst Recht und Frieden, du wehrst dem Bösen und willst, dass wir dem Guten die Hand reichen – und das Böse mit Gutem bekämpfen. Gerechter Gott, du weist um das Böse und es ist dir nicht egal: Dein ist die Rache; du wirst es nicht zulassen, dass das Böse und die Bösen die Oberhand gewinnen, dafür danken wir dir. Danke, dass du uns die Kraft und den Mut zu Vergebung, Versöhnung und zum Tun des Guten gibst. Hilf, dass wir die Kraft dazu aufbringen, das Gute zu tun, auch wenn uns das besonders dann schwerfällt, wenn uns Böses angetan wird. Amen. Vater unser im Himmel …
Segen: So segne und behüte uns der gnädige und barmherzige Gott, der gütige Vater, der liebende Sohn und der stärkende Heiliger Geist. Amen.
Einen gesegneten 4. Sonntag nach Trinitatis wünscht Ihnen Ihr Pfarrer Andreas H. Pfautsch
Liebe Lesein, lieber Leser!
Diese Worte aus dem „Vater unser“ geben das Thema für den kommenden Sonntag vor: Vergebung! Ein Punkt, der mir an und in unserem christlichen Glauben ganz besonders wichtig ist: Vergebung!
Dabei finde ich es immer wichtig zu sagen, dass Vergebung kein leichtes Geschäft ist; nichts, was man mal so im Vorbeigehen jemanden zuwirft, weil man es gerade gut erübrigen kann; nein Vergebung, wirkliche Vergebung hat etwas mit ganz viel Herz, mit viel Energie und mit ganz viel Überwindung zu tun.
Unser Streben nach neuen Lösungen, nach Vergebung nach einem Fehlverhalten; nach Versöhnung nach einem Streit kommt ja aus dem Vorbild und dem Vorleben Jesu Christi auf uns zu – und für Jesus war Vergebung und Versöhnung so wichtig, dass es ihn das Wichtigste gekostet hat, was ein Mensch einsetzen kann: Sein eigenes Leben!
Insofern geht es im christlichen Bereich niemals um „billige“ Gnade; um „schnelle“ Vergebung oder um „leicht daher gesagte“ Versöhnung. Nein, Vergebung, die Jesus meint, und die ich meine, das hat etwas mit harter Arbeit und starker Überwindung zu tun. Und auch Gott „verschleudert“ seine Gnade meines Erachtens nicht! Aber er bietet sie jedem an, der darum ehrlichen Herzens bittet. Schon für Dietrich Bonhoeffer war es wichtig, die Vergebungsbereitschaft Gottes nicht als „billige“ Gnade, sozusagen als „Ramschartikel“ im Warenhaus des Christentums rauszuwerfen. 1937 schrieb er in seinem Buch „Nachfolge“:
„Billige Gnade ist der Todfeind unserer Kirche. Unser Kampf heute geht um die teure Gnade. Billige Gnade heißt Gnade als Schleuderware, verschleuderte Vergebung, verschleuderter Trost, verschleudertes Sakrament; Gnade als unerschöpfliche Vorratskammer der Kirche, aus der mit leichtfertigen Händen bedenkenlos und grenzenlos ausgeschüttet wird; Gnade ohne Preis, ohne Kosten. … Billige Gnade ist Predigt der Vergebung ohne Buße, ist Taufe ohne Gemeindezucht, ist Abendmahl ohne Bekenntnis der Sünden, ist Absolution ohne persönliche Beichte. Billige Gnade ist Gnade ohne Nachfolge, Gnade ohne Kreuz, Gnade ohne den lebendigen menschgewordenen Jesus Christus.“
Soweit Bonhoeffer. Auch ich denke, dass es wirkliche Vergebung nur da geben kann, wo sich zwei Beteiligte ernsthaft aufeinander zubewegen – wo der eine Fehlverhalten erkennt und um Vergebung bittet – und der andere die Größe aufbringt, eben nicht auf seinem Recht zu beharren und steif und fest bei dem zu bleiben, wie es war. Denn auch derjenige, der vergibt, muss seine Position ein Stück weit aufgeben und sich auf den anderen zu bewegen – wenn das beide Seiten nichts kostet – dann ist die Vergebung am Ende auch nichts wert; so verstehe ich Bonhoeffer.
Dass Jesus selbst bereit war, seine Position der göttlichen Stärke aufzugeben, das wird schon allein durch seine Menschwerdung deutlich; aber auch in den alltäglichen Begegnungen mit seinen Zeitgenossen hat er sich immer wieder gerade zu denen auf den Weg gemacht, die Vergebung, die Zuwendung und Gnade ganz besonders dringend nötig hatten. Und weil Jesus den ersten Schritt auf diese Menschen zugeht, sind diese bereit, sich zu ändern – wie bei dem Zöllner, der aus freien Stücken Geld an andere zurückgibt. Denn Gott will, dass wir wieder frei werden können von dem, was uns belastet, dass wir unsere Fehler bereuen und vergeben bekommen und dass wir dann wieder neu und „unbeschwert“ das Leben angehen können. So sagt das unser Predigtabschnitt für diesen Sonntag aus dem Prophetenbuch Micha, wo es heißt: „Wo ist solch ein Gott, wie du bist, der die Sünde vergibt und erlässt die Schuld denen, die übriggeblieben sind von seinem Erbteil; der an seinem Zorn nicht ewig festhält, denn er ist barmherzig! Er wird all unsere Sünden in die Tiefen des Meeres werfen.“ (Micha 7,18)
In diesen Worten wird zweierlei deutlich: Vergebung ist keine Selbstverständlichkeit. Schuld und Sünde sind Dinge, die eine Reaktion hervorrufen. Das, was zu erwarten ist, ist der Zorn Gottes und seine Strafe – so ist es zwischen den Zeilen zu hören … Aber der Prophet rechnet dennoch mit Gottes Gnade und mit seiner Barmherzigkeit. Gottes Zorn und das, was wir als Strafe empfinden – das kann und darf nicht ewig dauern. Irgendwann ist auch Gottes Zorn abgeklungen. Und Gott reicht uns – sinnbildlich gesprochen – wieder die Hand. Er ent- schuldet uns und gibt uns die Chance zu einem Neubeginn.
Diese freundlichen Worte sind ja schon im Alten Testament der Bibel zu finden; in den Worten und Taten Jesu wird es noch viel deutlicher: Gott reicht uns die Hand. Er will unser Fehlverhalten vergeben! Ja, wir dürfen mit seiner Gnade und mit seiner Barmherzigkeit rechnen. Aber dazu gehört natürlich auch eine Neuorientierung von unserer Seite aus – zumindest der Wille, es besser zu machen; das Gute zu wollen und fortan nach Gottes Willen zu streben. Das ist Vergebung wie Gott sie meint!
Gebet:
Jesus, du bietest uns Vergebung unserer Fehler an. Immer wieder dürfen wir mit dem Erbarmen deines Vaters, unseres Vaters, rechnen. Dafür danken wir dir.
Gott, unser Vater, danke, dass du uns Vergebung anbietest, dass wir neu beginnen dürfen; gib uns die Kraft, dass auch wir anderen vergeben können, die an uns schuldig geworden sind. Heiliger Geist, du Kraft der göttlichen Liebe: Schenke uns deine stärkenden Kräfte, damit wir auf andere zugehen können, um ihnen die Hand zu reichen und einen neuen Anfang zu wagen; denn du, dreieiniger Gott, bis ein Gott der Liebe, der Vergebung und der Versöhnung. Amen. Vater unser im Himmel …
Segen: Der Gott der Liebe vergebe uns unsere Schuld; Jesus, der Sohn des liebenden Vaters bestärke uns im versöhnenden Handeln und der Heilige Geist, Gottes erneuernde Kraft, schenke uns immer wieder neu den Mut und die Stärke, denen die Hand zu reichen, die uns etwas schuldig geblieben sind.
So segne und behüte uns der dreieinige Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen.
Einen gesegneten 3. Sonntag nach Trinitatis wünscht Ihnen Ihr Pfarrer Andreas H. Pfautsch
Wer schon einmal in Ländern der Dritten Welt war, der wird diese Bilder vielleicht schon selbst gesehen haben – oder Sie kennen diese Bilder aus dem Fernsehen: Lastwagen oder auch Busse, die hoffnungslos überladen sind – so wie hier auf dem Bild nebendran. Und was da nicht alles eingepackt wird: Stühle, Matratzen, Fahrräder, Plastiksäcke, Kleidungssäcke und vielleicht auch noch ein Kühlschrank oder ein Fernseher – und oben drauf sitzen dann auch noch jede Menge Menschen, die sich mit dem völlig überladenen Gefährt auf den Weg machen. Klar, in den ärmeren Ländern der Welt sind die Leute froh, wenn sie nicht zu Fuß gehen müssen; wenn sie das bisschen Hab und Gut, das sie besitzen, mitnehmen können auf die Reise – und wie heißt es so schön: „Besser schlecht gefahren als gut gelaufen.“
Aber so ein übervoll gepacktes Fahrzeug ist auch ein Sinnbild für die Last des Lebens, die diese Menschen mit sich herumtragen müssen. Nein, es fällt ihnen nicht leicht, das Leben zu meistern. Da ist viel an Mühsal, an täglicher Plagerei und an Überlebenskampf dabei.
Aber auch uns geht es oft so, dass ein jeder von uns sein Päckchen zu tragen hat. Sicher geht es uns wirtschaftlich sehr viel besser: Fast jeder von uns hat ein eigenes Auto, vielleicht sogar ein eigenes Haus und genug zum Leben haben wir allemal. Und dennoch sind da manche Dinge, die wir mit uns herumschleppen, die unser Leben schwer machen und an denen wir schwer zu tragen haben.
So wie das der Künstler hier mit dem Bild von dem Fingerabdruck zu Papier gebracht hat: Da ist ein Männchen zu sehen, der seinen Weg geht. Gebeugt, erdrückt von der Last der eigenen Identität – denn dafür steht ja der Fingerabdruck: Das ist alles sein eigenes Los: Die eigenen Säcke voller Mühsal, voll Schicksal und voller Plagen, die das Leben so mit sich bringen. Zudem ist der kleine Mann ganz auf den Weg vor sich konzentriert. Die Lasten seines Lebens drücken auf seinen Rücken; der Kopf ist gesenkt und die Augen sind nach unten gerichtet: Er schaut genau auf die Fußpuren vor sich. Offenbar geht er auf eingetretenen Pfaden; denn die Fußspuren finden sich ja nicht nur hinter ihm, sondern auch vor ihm sind Fußspuren zu erkennen. Ob er wohl Angst hat, eigene Wege zu gehen? Hat er Angst davor, Neues zu wagen? Vielleicht auch einmal das eigene Päckchen los zu lassen und einfach neue Wege auszuprobieren; wäre das nicht eine sinnvolle Option?
Oft machen wir uns das gar nicht bewusst, unter welchen Lasten und unter welchen Anforderungen wir durchs Leben gehen. Und nicht selten sind es ja die eigenen Ansprüche, das selbst gewählte Päckchen, das wir uns selbst auf die Schultern gelegt haben. Lasten, die uns irgendwann schwerer und schwerer wurden – und manchmal kaum mehr erträglich scheinen.
Doch so wie das arme Männchen da allein unterwegs ist – oder das geschundene Fahrzeug sich einsam durch die Wüste quälen muss – so muss es ja nicht bleiben! Wir als Menschen sind ja auf Gemeinschaft hin orientiert und leben von und mit der Gemeinschaft. Und genau deshalb ist es uns ja in den Tagen der ganz strengen Beschränkungen auch so schwer gefallen, zu Hause zu bleiben; auf sich selbst beschränkt zu bleiben, das ist schon wirklich hart. Gott sei Dank dürfen wir uns jetzt wieder mit anderen Menschen treffen. Auch wieder im Gottesdienst zusammen Gemeinschaft pflegen – das tut mir zumindest sichtlich gut.
Aber für uns als Christen kommt ja immer noch jemand hinzu: Gott, unser Vater, steht doch an unserer Seite. Wir brauchen doch gar nicht immer alles alleine tragen. Und Jesus, Gottes Sohn, bietet uns darüber hinaus auch noch seine Hilfe an: Im Mattäusevangelium sagt er: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken!“ Was für ein freundliches Angebot: Jesus nimmt uns nicht gleich die ganzen Lasten ab. Aber er hilft uns doch beim Tragen dessen, was uns bedrückt; er verspricht uns eine Atempause. Er will uns das Leben nicht noch schwerer machen als es ohnehin schon ist, sondern bietet uns seine Begleitung an. Wir müssen sein Angebot nur annehmen. Denn Jesus sagt: „Kommt her zu mir – ich will eure Last tragen helfen!“
Gebet:
Jesus, du lässt uns nicht allein. Danke, dass du unsere Lebenswege mit gehst; auch dann, wenn sie neu, anders oder auch beschwerlich werden.
Danke Jesus, dass du uns hilfst, unsere Lasten zu tragen; dass du uns aufbaust, uns Ruhe schenkst und uns an Orte führst, an denen wir durchatmen können.
Wir bitten dich für alle, die unter ihren Lasten und Nöten zu zerbrechen drohen.
Zeige ihnen Wege aus der Not; führe sie zu den Quellorten deiner Kraft und deiner Fülle.
Jesus, öffne unsere Augen auch für die Nöte anderer, dass auch wir deinem Beispiel folgen und anderen beim Tragen helfen, wo wir das können.
Danke Gott, dass du uns nicht allein lässt. Amen. Vater unser im Himmel …
Segen: Der Gott der Liebe segne alle, die sich unwichtig und wertlos vorkommen, die meinen, alles allein tragen zu müssen. Der Gott des Lebens segne alle, die kraftlos und müde geworden sind. Der Gott der Stärke segne alle, die Angst vor Morgen haben, die Angst haben vor anderen Menschen. Gott, segne und behüte alle, die dich darum bitten.
So segne euch der dreieinige Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen.
Einen gesegneten 2. Sonntag nach Trinitatis wünscht Ihnen Ihr Pfarrer Andreas H. Pfautsch
Diese Gemeinschaft beschreibt der Evangelist Lukas im 4. Kapitel der Apostelgeschichte. Er schreibt:
Die Menge der Gläubigen aber war ein Herz und eine Seele; auch nicht einer sagte von seinen Gütern, dass sie sein wären, sondern es war ihnen alles gemeinsam. Und mit großer Kraft bezeugten die Apostel die Auferstehung des Herrn Jesus, und große Gnade war bei ihnen allen.
Es war auch keiner unter ihnen, der Mangel hatte; denn wer von ihnen Land oder Häuser hatte, verkaufte sie und brachte das Geld für das Verkaufte und legte es den Aposteln zu Füßen; und man gab einem jeden, was er nötig hatte.
Josef aber, der von den Aposteln Barnabas genannt wurde – das heißt übersetzt: Sohn des Trostes –, ein Levit, aus Zypern gebürtig, der hatte einen Acker und verkaufte ihn und brachte das Geld und legte es den Aposteln zu Füßen. (Apg. 4,32-37)
Das gibt es doch gar nicht! – Das ist vielleicht unsere Reaktion auf diesen Text. Eine Gemeinschaft in der alle ein Herz und eine Seele sind. Es ist für uns nur schwer vorstellbar, dass die, die viel haben, mit denen teilen, die wenig oder gar nichts haben.
Wie oft waren wir aber auch von ungläubigem Staunen ergriffen: Was in der Krise mit einem Mal alles möglich ist! Menschen halten zusammen und helfen einander – bei allen notwendigen Abstandsgeboten. Unglaublich viele Ideen entstehen, wie das Leben trotzdem weitergehen kann. Staaten geben Milliarden frei, um die in Not Geratenen zu unterstützen.
Selbst Reiche, die bisher ihre ganze Intelligenz darauf verwendet haben, ihren privaten Reichtum zu vermehren, fangen an zu spenden und zu teilen.
Auch in der Seelsorge. Es wurden Gottesdienste zu Hause oder per Internet gefeiert. Seelsorge und Beratung fanden am Telefon oder per Videokonferenz statt.
Dass es immer wieder Situationen gibt, wo die Einen für die Anderen eintreten und so die Not gelindert wird, zeigen verschiedene Beispiele aus der Geschichte:
In der Christusbruderschaft Selbitz, einem evangelischen Kloster, wird aus der Gründungszeit folgende Legende erzählt: Ganz am Anfang waren junge Leute ins Pfarrhaus gezogen und hatten mit dem gemeinsamen Leben begonnen. Sie haben alle von dem einen Pfarrergehalt gelebt. Bald war es viel zu eng dort. Da verkündete der Gründer der Kommunität, Walter Hümmer: „Wir fangen an zu bauen, wenn drei Dinge eintreten, um die wir jetzt beten: Erstens: wir bekommen ein Grundstück geschenkt. Zweitens: Ein Architekt plant uns das Haus umsonst. Und Drittens: Es bleiben einmal am Ende des Monats 100 D-Mark in der gemeinsamen Kasse übrig.“ Es ist genauso eingetreten! Und noch heute leben etwa hundert Schwestern in der Kommunität – natürlich in Gütergemeinschaft. Das ist auch nicht der „Himmel auf Erden“. Das braucht auch dort viel ökonomische Klugheit und vorausschauendes Planen. Aber es geht!
Ein weiteres Beispiel ist „Oikocredit“, die gemeinnützige Genossenschaftsbank, die seit Jahrzehnten Kredite an Kleinunternehmer und Genossenschaften in aller Welt vergibt, und zwar an solche Menschen, die auf dem Finanzmarkt, niemals kreditwürdig sind. Viele einzelne Personen stellen dieser Bank für mehrere Jahre oder sogar Jahrzehnte ihre Rücklagen zur Verfügung, damit sie Kredite zu fairen Bedingungen vergeben kann. Das schafft auch nicht den „Himmel auf Erden“. Aber es ist doch eine Möglichkeit für gerechteres Wirtschaften. Es ermöglicht unzähligen Menschen auf der ganzen Erde das wirtschaftliche Überleben. Und es ist ein Modell für eine globale Finanzwirtschaft, die nicht die Superreichen immer noch reicher macht, sondern ein Handeln zum Nutzen der ganzen Menschheit, das funktioniert und allen dient. „Das gibt’s doch nicht?“ – Doch, das gab es, das gibt es und sollte es auch immer wieder geben!
Vielleicht sind wir zu dieser Radikalität nicht fähig, die der Evangelist Lukas in seinem Evangelium und in der Apostelgeschichte ausruft. Und sicher ist auch eine Kommunität, in der allen alles gehört, weil sie so gut wie kein persönliches Eigentum haben, nicht das Lebensmodell für alle und jeden.
Aber jeder von uns kann schauen, wie er oder sie in ihrem eigenen Leben etwas davon verwirklichen kann. Das wird dann noch lange nicht der „Himmel auf Erde“. Aber es ist auch nicht nichts. Und sollte dann nicht auch das eintreten, was Lukas am Rande vermerkt? – Auf der ersten Gemeinschaft der Christen lag für alle sichtbar ein großer Segen.
Gebet:
Dreieiniger Gott, wir bitten dich um dein Geleit auf unserem Weg durch das Leben,
um dein Wort, das uns Kraft gibt, das uns befreit und ermutigt, Tag für Tag.
Wir bitten dich für alle, die mit uns gehen:
für unsere Angehörigen und Freunde,
für unsere Nachbarn,
für die Menschen, mit denen wir die Arbeit teilen.
Wir bitten dich für unser Volk und die Gemeinschaft der Völker,
für alle, die besondere Verantwortung tragen,
dass sie den Weg des Friedens und der Gerechtigkeit gehen.
Gott, unser Vater, du hast uns den Weg zum Leben gewiesen
in deinem Sohn Jesus Christus.
Hilf uns durch deinen Geist, dass wir ihn gehen – bis ans Ziel.
Vater unser im Himmel …
Segen:
Der Herr segne dich und behüte dich!
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig!
Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Friede! Amen.
Einen gesegneten 1. Sonntag nach Trinitatis wünscht Ihnen Ihre Renate Burgey
„An Gottes Segen ist alles gelegen!“, so heißt es in einem alten Sprichwort. Und wir kennen auch andere Segenwünsche: „Gott segne dieses Haus – und alle, die da gehen ein und aus!“ oder auch Worte, die an alten Fachwerkhäusern in Norddeutschland oft zu lesen sind: „Wo nicht der Herr die Stadt behütet, so wachen die Wächter umsonst.“
Im übertragenen und persönlichen Bereich kennen wir das auch: Wenn man sich nicht ganz sicher ist, ob man so oder so handeln soll und bei seinen Eltern oder Familienmitgliedern nachfragt, dann kann man schon einmal die Antwort bekommen: „Also: Meinen Segen hast du!“.
Segen, Geleit und Bewahrung sind offensichtlich wichtig für uns Menschen. Wenn wir das Wohlwollen und den Segen der anderen haben, dann gehen uns unsere tägliche Aufgaben viel leichter von der Hand. Denn wir dürfen wissen: Wir sind ok. Wir machen das schon richtig: Da sind Menschen, die mir vertrauen, die hinter mit stehen und auf die ich mich verlassen kann. Oder auch anders herum: So machem Fußballspieler fehlt in diesen Tagen auch der „Rückhalt“ der eigenen Fans im eigenen Stadion. Die gewohnte „gelbe Wand“ in Dortmund oder die Unterstützer der „roten Teufel“ auf dem Betzenberg in Kaiserlautern können sicher auch Spiel entscheidend sein – jetzt fehlen sie. Es fehlt der Rückhalt, die Unterstützung, das bedingungslose Vertrauen der eigenen Anhänger in die Fähigkeiten des eigenen Teams.
Gerade in diesen etwas merkwürdigen Tagen der Unsicherheit, der Ungewissheit und der unklaren Zukunft ist es für uns Menschen ganz wichtig, dass wir Rückhalt haben, dass wir bestärkt werden und Aufmunterung zugesprochen bekommen. Dass da Menschen sind, auf die ich mich ganz fest verlassen kann: Auf den Partner oder die Partnerin, auf die Familie oder auch auf gute Freunde.
Als Christen vertrauen wir zudem darauf, dass all unser Tun unter dem Segen und unter dem Schutz Gottes steht. Für mich ist das immer wieder ein fester Ankerpunkt meines Glaubens, ja meines Lebens. Gottes Segen ist für mich nicht nur etwas, was vielleicht dazu kommen könnte, sondern es ist etwas Lebens- Notwendiges. Der Segen Gottes für mein Leben ist etwas elementar Wichtiges.
Und so wünschen sich fast alle Eltern für ihre Kinder genau diesen schützenden, begleitenden Segen Gottes für Ihr Kind, wenn sie ihr Kind zur Taufe bringen: Gott soll seine schützenden Hände über ihr Kind halten, er soll es segnen und seine Wege bewahrend begleiten.
Segenswünsche gibt es viele. Die irischen Segenswünsche erfreuen sich dabei besonderer Beliebtheit. Und heute, am Sonntag Trinitatis, muss natürlich auch der Segen des dreieinigen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes Erwähnung finden. Ein Segen, der sozusagen nicht nur einfach, linear, sondern allumfassend rund und vielseitig ist, so wie Gott eine mehrdimensionale, vielfältige, facettenreiche Größe ist – so ist eben auch sein Segen komplex und mehrdimensional.
Dass das mit der göttlichen Dreiheit eine schwierige Sache ist, macht auch ein Fenster des Doms zu Paderborn deutlich: Zu sehen sind drei Hasen in einem gotischen Fenster: Drei Hasen, jeder hat zwei Ohren und doch sind es nur drei Ohren: So ist das auch bei Gott: Vieles, was auf den ersten Blick klar und eindeutig erscheint, ist doch auch wieder anders. Komplizierter als wir es uns gedacht haben. Das macht es für mich als Pfarrer und Theologen immer wieder neu spannend und interessant. Es gibt immer wieder Neues zu entdecken – und nichts wird bei Gott langweilig. Andersherum gibt es aber auch Dinge, auf die ich mich ganz felsenfest verlassen darf: Nämlich darauf, dass Gott seinen Segen nicht zurückhalten wird. Und so endet jeder Gottesdienst mit dem Segen Gottes für die Mitfeiernden. Dabei wähle ich immer gern die gleichen Segensworte aus dem 4. Buch Mose: Die Worte des aaronitischen Segens: „Der Herr segne dich und behüte dich! Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig! Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Friede!“ (4. Mose 6,24-26) Auch dieser Segen ist ja dreiteilig. Und er drückt in einprägsamen Bildern die Zuwendung Gottes zu uns Menschen aus: a) Verlass dich darauf: Gott ist bei dir und behütet dich!
b) Gottes Angesicht ist dir freundlich und positiv zugewandt – es strahlt dich so an, wie eine Mutter ihr kleines Kind in der Wiege anstrahlt. Ja, Gott „ummuttert“ dich auch genauso wie es eine liebevolle Mutter es tut! Und c) Gott hält dich auf allen deinen Wegen im Auge; im poitiven Sinn hat er ein Auge auf dich geworfen und lässt dich nicht allein. Und sein Wunsch für dich lautet ganz einfach: Frieden, Schalom und Segen. Und genau das wünsche ich Ihnen auch: „Gottes Segen sei mit dir!“
Gebet:
Dreieiniger Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. Ich danke dir, dass du dir nicht zu schade bist für uns Menschen in all deiner Fülle, in deiner Größe und Unendlichkeit.
Du, unser Vater, hast uns diese Welt zur Verfügung gestellt, damit wir in ihr Leben, sie bebauen und erhalten sollen. Du schenkst uns Leben!
Du, Jesus, unser Bruder, bist Mensch geworden wie wir, hast unsere Freuden und unser Leid geteilt, damit wir erkennen dürfen: Gott liebt uns wie eine Mutter uns liebt und du behütest uns wie ein Vater uns beschützt.
Heiliger Geist, du belebende Kraft Gottes, du begeisterst uns immer wieder neu, du schenkst uns Mut zum Leben und tröstest uns, wenn wir traurig sind.
Dreieiniger Gott: Du hast viele Facetten. Sei bei allen, die in Not sind, die Angst haben, die allein sind und Hilfe brauchen. Danke, dass du uns immer wieder neu segnest mit deiner Kraft und deiner Energie! Dir sei Ehre in Ewigkeit. Amen. Vater unser im Himmel
Segen:
Der Herr segne dich und behüte dich!
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig!
Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Friede! Amen.
Ein gesegnetes Trinitatisfest wünscht Ihnen
Ihr Pfarrer Andreas H. Pfautsch
Alles hängt mit allem zusammen. Das haben wir in diesen Tagen gelernt: Ein Virus macht keinen Urlaub, aber es geht gern mit den Menschen auf Reisen. Auf große Fahrt um die ganze Welt – und derzeit hat es den ganzen Globus im Griff: In China stehen die Werkbänke der Welt still, auf den Überseehäfen ist es gespenstisch ruhig und auf Flughäfen parken die Flieger auf den Rollbahnen, weil es keine Passagiere mehr gibt. Alles hängt mit allem zusammen.
Und jetzt feiern wir Pfingsten! Ein Fest von globaler Wirkmächtigkeit. Zumindest schildert uns das der Evangelist Lukas so, der ja auch die Apostelgeschichte geschrieben hat. Dort finden wir die Ur- Erzählung der Pfingstgeschichte. Ich freue mich da eigentlich jedes Jahr darauf, diesen Text vorzulesen – weil Lukas so ziemlich alle Weltgegenden aufzählt, die ihm so in den Sinn kommen. Denn zum ersten Pfingstfest ist in Jerusalem die ganze Welt versammelt – so erzählt es uns der frühchristliche Autor. Es sind Menschen von überall her zusammen gekommen: „Parther und Meder und Elamiter und die da wohnen in Mesopotamien, Judäa und Kappadozien, Pontus und der Provinz Asia, Phrygien und Pamphylien, Ägypten und der Gegend von Kyrene in Libyen und Römer, die bei uns wohnen, Juden und Proselyten, Kreter und Araber“ (Apg 2,9-11). Und obwohl diese Menschen alle unterschiedliche Sprachen sprechen, geschieht am Pfingstsonntag etwas Außergewöhnliches: Ein jeder hört die begeisternde Predigt des Petrus in seiner eigenen Muttersprache – ganz ohne Dolmetscher. D.h. da ist schon einer, der übersetzt, der zusammenführt und alle miteinander be-GEIST-ert. Es ist der versprochene Geist Gottes, der die Menschen zusammenführt, sie zur Freude anfeuert und ihnen genau erklärt und übersetzt, was Petrus da über das Ostergeschehen und über den Glauben an Jesus Christus, den auferstandenen Gottessohn, erzählt. Es geht diesen Menschen durchs Herz und sie können nicht nur sprachlich, sondern auch mit Herz, Verstand und im Glauben begreifen, was da passiert ist.
So ist Pfingsten vom Ursprung her ein Fest der Vereinigung, der Zusammenführung, der Globalisierung im positiven Sinn: Da wird keinem Land und keinem Volk die Schuld für irgendetwas in die Schuhe geschoben; da wird nicht beschimpft, nicht gelogen oder betrogen; es wird auch nicht der eigene Vorteil gesucht; nein, da wird gemeinsam zugehört, alle sind zusammen ergriffen und am Ende fragen alle: Darf ich bei dieser wunderbaren Sache mit Jesus mitmachen?! Und einer nach dem anderen fragt: „Petrus, was muss ich tun, um bei euch mitmachen zu dürfen?“
Und Petrus antwortet: „‘Kehrt um zu Gott!‘, forderte Petrus sie auf. ‚Jeder von euch soll sich auf den Namen von Jesus Christus taufen lassen! Dann wird euch Gott eure Sünden vergeben, und ihr werdet den Heiligen Geist empfangen. Diese Zusage gilt euch, euren Nachkommen und den Menschen in aller Welt, die der Herr, unser Gott, zu sich herbeirufen wird.‘“ (Apg 2,37-39)
Dieser Ruf des Petrus ist in diesen Tagen nicht nur in den Kirchen zu hören. Auch in vielen Kommentaren, im Fernsehen, in der Presse oder auch in den sozialen Netzwerken ist zu hören: „Lasst uns innehalten und umdenken! Lasst uns die Welt besser machen als vor Corona! Es muss doch möglich sein, anders miteinander umzugehen als im ständigen Wettstreit. Diese ewige Suche nach dem eigenen Vorteil auf Kosten der anderen und auf Kosten unseres Planeten – es muss doch auch anders gehen!“ - Die Signale aus den großen Nationen der Welt, aus China und aus den USA, lassen allerdings erahnen, dass auch an diesem Pfingstfest dieser wohlmeinende und versöhnende Ruf wieder einmal unter dem Gestrüpp von Egoismus, Nationalismus und Geldgier untergehen wird.
Umso wichtiger ist es für mich auf das zu schauen, was auch möglich ist – vielleicht wenigstens unter uns Christen: Eine Welt, die mit einer Stimme spricht – denn die Pfingstgeschichte ist ja mit Bedacht als Gegengeschichte zum Turmbau zu Babel konstruiert – es ist die genaue Gegengeschichte zu Größenwahn und Überheblichkeit; die Gegengeschichte zur Sprachenverwirrung und zur Zerstreuung über die ganze Erde.
So könnte Globalisierung ja auch aussehen: Dass man sich versteht, miteinander eine Sprache spricht und versucht dem anderen zu helfen, anstatt ihn zu vernichten. Dieses Ideal bildet denn auch den Abschluss der Pfingstgeschichte. Bei Lukas klingt das so: „Die Gläubigen lebten wie in einer großen Familie. Was sie besaßen, gehörte ihnen gemeinsam. Wenn es an irgendetwas fehlte, war jeder gerne bereit, ein Grundstück oder anderen Besitz zu verkaufen und mit dem Geld den Notleidenden in der Gemeinde zu helfen.“ (Apg 2,44f.) So etwas schafft nur Gottes guter Geist!
Gebet:
Heiliger Geist, du Geist der Einheit und der Wahrheit, du Geist des Lebens und der Freude: Wir danken dir, dass du uns vereinen, verbinden und versöhnen möchtest; dass du uns begeisterst und dazu anfeuerst, eine bessere Welt zu bauen. Heiliger Geist, wir bitten dich: Bestärke alle, die sich für Frieden, für den Erhalt von Gottes guter Schöpfung und für Versöhnung einsetzen; steh allen bei, denen die Corona-Krise und ihre Folgen Angst machen und die von den Folgen auch in ihrer Existenz bedroht werden. Heiliger Geist, du schenkst uns die Hoffnung auf eine bessere, auch positiv globalisierte Welt, in der Freude und Begeisterung für die Stärken des anderen keine Fremdwörter sein müssen. Danke, dass du über diese Welt herrschst mit Jesus Christus, unserem Herrn, und mit Gott, unserem Vater. Dir sei Ehre in Ewigkeit. Amen. Vater unser im Himmel …
Segen:
Es segne dich Gott, unser Vater, der die ganze Welt erschaffen hat; es segne dich Gottes Sohn, Jesus Christus, der Mensch geworden ist, uns zuliebe und es segne dich der Heilige Geist, Gottes begeisternde und verbindende Kraft.
So segne dich der dreieinige Gott; Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen.
Ein gesegnetes Pfingstfest wünscht Ihnen Ihr Pfarrer Andreas H. Pfautsch
Am Donnerstag ist Himmelfahrt. Ein Fest mit einem ambivalenten Charme: Zum einen muss ich immer ein bisschen an Raketenabschuss-rampen denken: Etwas eben, das von der Erde in den Himmel befördert wird und einfach weg ist. Das ist theologisch ein bisschen schwierig. Ist Jesus denn wirklich verschwunden? Einfach weg, wie eine Rakete auf nimmer Wiedersehen abgehoben und unseren Blicken entzogen? Bleibt Jesus nicht irgendwie auch bei uns, unter uns hier unten auf der Erde?
Viele feiern ja lieber gleich „Vatertag“. Also eigentlich „Männertag“; denn welcher Vater nimmt schon seine Kinder mit zum fröhlichen Trinkgelage mit Seinesgleichen? Was hat das eigentlich mit dem kirchlichen Feiertag „Himmelfahrt“ zu tun? Vielleicht gerade noch der Ausbruch der Männer aus der Familie – für den einen Tag; ein kleiner Abschied sozusagen; raus aus dem Haus, aus dem Alltag – und rein ins Grüne, ins Vergnügen – hinein in eine andere Welt; wenigstens mal kurz. So gesehen hat Himmelfahrt auf jeden Fall etwas mit „Abschied“ zu tun. Aber eben auch mit einem Neuanfang: Denn in jedem Abschied ist ja der „Neubeginn“ schon inbegriffen.
Und das passt ja wiederum genau in unsere Tage: Wir mussten uns ja alle irgendwie ein bisschen von unserem gewohnten Alltag verabschieden – manche etwas weniger; andere sehr viel mehr. Aber Normalität hat ja keiner von uns. Und sicher: Es gibt unterschiedliche Arten mit einem solchen Abschied umzugehen: Die Jünger am ersten Himmelfahrtstag standen ratlos da und starrten in den Himmel und fragten sich: Was kommt jetzt? War das alles? Wo ist die gute alte Zeit hin? Wird es noch einmal so schön und so gut werden wie in der Zeit zusammen mit Jesus? Und zunächst bleiben sie auch recht ratlos zurück. Aber sie bleiben zusammen!
Unser derzeitiger Abschied von der Normalität hat ja ähnliche Momente: Auch wir stehen ziemlich ratlos da und fragen die Wissenschaftler und unsere Politiker: Wie geht es weiter? Wann kriegen wir unsere Normalität zurück? Oder wird jetzt zukünftig alles anders werden? Und die anfängliche große und breite Zustimmung zu den Einschränkungen und die große Dankbarkeit darüber, dass die Pandemie bisher bei uns doch recht glimpflich abgelaufen ist, weicht langsam anderen Kräften. Da machen sich plötzlich Ängste breit; ja selbst Hass. Angst vor Verschwörungen; Hass gegen die Wissenschaftler, die uns derzeit ja auch nichts Genaues sagen können bis hin zu Frust und Unverständnis: Ja wie soll es nur weiter gehen?
Jesus sagte damals seinen Jüngern zu, dass er ihnen den Geist des Trostes, den Geist des Verständnisses und den Geist des Mutes schicken werde. Einen Geist, der an Neuanfang, an Neustart und auf eine bessere Zukunft hoffen lässt. So ist Himmelfahrt ein Wendepunkt: Abschied vom alt Bekannten hin zu einer Neuorientierung. Dazu passen denn auch die Worte des Predigtabschnittes aus dem Buch Jeremia zum Sonntag Exaudi. Da sagt Gott zu seinem Volk: „Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR, da will ich mit dem Hause Israel und mit dem Hause Juda einen neuen Bund schließen: Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben, und sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein.“ (Jer 31.31.33). Ein neuer Bund also. Einer, der direkt den Menschen ins Herz gelegt wird. So dass wir verstehen, was Gott meint. Dass er es gut mit uns meint; dass er seine Liebe in uns und durch uns hindurch zu anderen tragen will; dass er Leben und Vielfalt ermöglichen will; so wie Jesus am Ostersonntagmorgen den Tod besiegt hat, so sollen und dürfen auch wir aus seiner Lebenskraft und aus seiner Liebe heraus Neues schöpfen, Neues wagen und auf die Zukunft hoffen.
Dass Gott uns nicht allein lässt, sondern uns gerade an den Wendepunkten unseres Lebens und unserer Geschichte beistehen will, zeigt der Blick in die Vergangenheit: Vor 75 Jahren lag Deutschland in Schutt und Asche. Glück hatte, wer den Krieg überlebt hatte und noch ein „zu Hause“ sein Eigen nennen konnte; selbst wenn es zerstört war. Millionen von Deutschen hatten am Ende des Krieges nicht viel mehr als nur ihr nacktes Leben gerettet: Sie wurden vertrieben – aus dem Sudetenland, aus Ostpreußen, aus den Gebieten östlich der Oder. In den verbliebenen deutschen Gebieten mussten sie neu anfangen. Auch hier in der Pfalz sind viele Flüchtlinge gelandet und haben ganz von vorne anfangen müssen. Heute können diese Menschen und ihre Nachfahren dankbar zurückblicken auf das, was hier an Neubeginn, an neuem Leben und an neuer Heimat gelungen ist und gefunden wurde. Und so ist das Himmelfahrtsfest für mich ein Fest der Ambivalenz: Des Abschieds auf der einen Seite und des Neuanfangs auf der anderen. Unsere Vorfahren haben es erlebt: Gott war und blieb bei ihnen, auch in schweren Zeiten! Und so vertraue ich ebenfalls darauf, dass Gott auch in unseren Tagen bei uns ist – in dieser ambivalenten Zeit zwischen Abschied und Neubeginn.
Gebet:
Jesus, du bist zu deinem Vater zurückgekehrt, und doch lässt du uns nicht allein:
Wir danken dir für deinen guten Geist: für den Geist der Liebe und des Lebens; für den Geist der Vernunft und des Trostes, für den Geist der Besonnenheit und des Mutes!
Heiliger Geist, wir bitten dich:
Bestärke alle, die sich für vernünftige Ziele einsetzen, die dafür eintreten, dass Menschen gesund bleiben und nicht von der Pandemie erfasst werden;
Sei bei allen, die vom Geist der Angst, des Frustes oder des Alleinseins bedroht werden:
Gib ihnen Halt und Orientierung und die Hoffnung auf eine gute Zukunft.
Das bitten wir dich, den Vater, durch unseren Herrn Jesus Christus, der mit dir und dem Heiligen Geist lebt und Leben schafft heute und in Ewigkeit. Amen.
Vater unser im Himmel …
Segen:
Es segne dich Gott, unser Vater, der alles Leben gemacht hat; es segne dich Gottes Sohn, Jesus Christus, der des Vaters Liebe zu uns gebracht hat und es segne dich der Heilige Geist, Gottes erfrischende und ermutigende Kraft auch in schweren Zeiten.
So segne dich der dreieinige Gott; Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen.
Ein gesegnetes Himmelfahrtsfest / Sonntag Exaudi wünscht ihr Pfarrer Andreas H. Pfautsch
„Wenn du betest, so geh in dein Kämmerlein und schließ die Tür zu und bete zu deinem Vater im Himmel …“ (Matthäusevangelium 6,6)
Not lehrt beten! So sagt man. Also, wenn es uns Menschen nicht so besonders gut geht, dann liegen wir Gott gern und häufiger in den Ohren, so will es dieses bekannte Wort sagen. So gesehen sind diese Tage sicher eine Zeit des Gebets! Und in der Tat, tut es gut, wenn wir unsere Sorgen und Nöte dort abladen dürfen, wo wir Hilfe erwarten und hoffentlich auch Hilfe bekommen.
Neulich habe ich eine Dokumentation über Flugzeugunfälle gesehen. Auch hier berichteten die Überlebenden von den Minuten und Sekunden vor der Katastrophe: Eine Frau schilderte, wie gut es ihr tat, dass neben ihr ihre Mutter beruhigende Worte eines bekannten Gebetes sprach. Ein Rettungsanker in einem unsicheren Moment. Und als sie selbst nach dem Unglück noch am Leben war, betete sie selbst mit eigenen Worten: „Gott! Lass mich hier wieder rauskommen! Schick mir Helfer und gib mir eine zweite Chance für mein Leben!“ Ihr Gebet wurde offensichtlich erhört – sonst hätte sie uns diese Geschichte nicht erzählen können. Ihrer Mutter erging es weniger gut. Sie hatte den Absturz genauso wenig überlebt wie der Vater der Geretteten und noch viele andere hatten ebenso wenig Glück im Unglück.
Wir wissen es: Nicht all unsere Gebetsanliegen werden 1 : 1 erfüllt. So manches Gebet verhallt gefühlt ungehört und mancher Wunsch bleibt auf jeden Fall unerhört. Dazu hat Dietrich Bonhoeffer einmal den schönen Satz gesagt: „Gott erfüllt nicht all unsere Wünsche, aber all seine Verheißungen.“
Darum ist es gut, dass Jesus selbst uns erklärt hat, wie wir beten sollen und was wir beten sollen. Beten soll nicht als frommer Wettkampf stattfinden, kein Wettstreit nach dem Motto: Mein Gebet ist aber ehrlicher, frommer, besser …, sondern: „Wenn du betest, so geh in dein Kämmerlein und schließ die Tür zu und bete zu deinem Vater im Himmel …“. Denn Gott, unser himmlischer Vater weiß schon im Voraus, was ihr bitten werden, wessen ihr bedürft und was euch guttut. Und dennoch hilft es mir immer wieder, wenn ich Gott das sagen kann, was mir auf dem Herzen liegt. Wenn ich meine Sorgen und Nöte am Kreuz Jesu abladen kann; oder aber auch wenn ich mein vor Freude überbrodelndes Herz bei Gott ausschütten kann und mich mit ihm zusammen freuen kann über das, was mir an Gutem widerfährt.
Und noch etwas: Es tut gut, auch auf fest gefügte Worte zurück greifen zu können. Nun fällt es mir nicht schwer, Worte zu finden oder Worte zusammen zu fügen; dennoch ist es entlastend, wenn ich auf Worte zurückgreifen kann, die mit Erfahrung gesättigt sind, die schon von Millionen Zungen formuliert und milliardenfach gesprochen worden sind in tausenden von Sprachen; fest gegründet auf das Wort Jesu Christi selbst, der sie einst seinen Jüngern auf einem Berg am See Genezareth mit auf den Weg gab:
„Vater unser im Himmel …“ und wie schön und erhebend ist es, wenn eine Gemeinschaft von Christen anhebt, diese Worte gemeinsam zu sprechen, wenn sie gemeinsam eintaucht und verschmilzt mit den Stimmen von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
„Und vergib uns unsere Schuld …“ oft vergessen wir modernen Menschen, dass wir schuldig werden, dass wir der Vergebung bedürfen. Und in diesen Tagen rätseln die Journalisten, was es wohl zu bedeuten hat, wenn unser Gesundheitsminister Jens Spahn sagt: „Am Ende der Corona- Krise werden wir uns viel zu vergeben haben …!“ Vielleicht hat er eine Ahnung davon, dass Krisensituationen nie sauber zu bestehen sind; dass es da immer Dilemma-Situationen gibt, in denen Entscheidungen nötig sind, die dazu führen, dass Menschen sich schuldig machen … „… wie auch wir vergeben unseren Schuldigern!“
„Erlöse uns von dem Bösen …“ auch das scheint oft in den Hintergrund zu treten: Über das Böse, über die negativen Seiten des Lebens reden wir nicht mehr so gerne. Bei Fehlern heißt es: „Da ist noch Luft nach oben!“; wenn die Börsenkurse in den Keller rauschen, dann gibt es keine Verluste, sondern eine „Gewinnwarnung“. Und doch wissen wir es alle: Das Böse, das Negative, Krankheit und Tod, Einsamkeit und seelische Verletzungen sind ja da. Jeden Tag! Also „… erlöse uns von dem Bösen!“
Denn als Christen bleibt Gott unser Vater. Ein guter, ein liebender Vater, der uns nicht allein lässt und dem wir nicht egal sind – „… denn sein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen!“
Gebet:
Vater, unser Vater, zu dir dürfen wir reden, rufen, beten:
So kommen wir zu dir und danken dir: für alle lieben Menschen an unserer Seite;
für die Schönheit deiner Schöpfung; für das unendliche Sternenzelt, das uns umgibt.
Danke, dass du uns alles gibst, was wir zum Leben brauchen – weit mehr als Brot allein!
Wir bitten dich aber auch für all die, denen es schwer ums Herz wird in diesen Tagen:
Für die Menschen, die um ihre Existenz bangen,
für Kranke, Krankenschwestern und Ärzte, für pflegende Angehörige
und für die Menschen, die sich einsam fühlen:
Sei bei ihnen, gib ihnen Kraft und sei wie ein liebevoller Vater an ihrer Seite.
Denn durch Jesus Christus, unseren Bruder und Herrn dürfen wir dich bitten:
Vater unser im Himmel …
Segen:
Es segne dich Gott, unser Vater, der uns liebevoll beisteht; es segne dich Gottes Sohn, unser Retter, der aus Liebe für uns gestorben ist und es segne dich der Geist Gottes, der seine Kraft zur Vergebung uns immer wieder neu in unsere Herzen legt.
So segne dich der dreieinige Gott; Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen.
Einen gesegneten Sonntag Rogate wünscht ihr Pfarrer Andreas H. Pfautsch, Tel.: 07271 / 79311
„Gott ist gegenwärtig, dem die Cherubinen Tag und Nacht gebücket dienen. Heilig, heilig, heilig! singen ihm zur Ehre aller Engel hohe Chöre. Herr, vernimm unsre Stimm, da auch wir Geringen unsre Opfer bringen.“ (EG 165,2; Text: Gerhard Tersteegen)
Gut: Zugegeben – das ist kein neues Lied. Vielmehr ein beinahe 300 Jahre altes Lied. Und doch sehnen wir uns in diesen Tagen ja durchaus nach dem Bekannten, dem Überlieferten, dem gewohnten Rhythmus. Weil uns das Halt, Kraft und Stärke geben kann. Natürlich dürfen es auch wieder neue Lieder sein, warum nicht! Aber so ein schöner alter Kirchenchoral hat zumindest für mich auch etwas von Heimat, von Geborgenheit und von bleibender Schönheit!
So wie die Gesänge in unseren Kirchen ihre eigene Schönheit haben; oder auch die Ausgestaltungen vieler Kirchen einfach erhaben und schön sind. Orte, an denen wir gern verweilen. Wie gern, merken wir erst, wenn unsere Bewegungsmöglichkeiten eingeschränkt werden und wir diese Orte der Ruhe, des Gebetes und des feierlichen Gesangs nicht aufsuchen können. Seit diesem Sonntag dürfen wir uns wieder in unseren Kirchenräumen treffen – wenn auch mit Abstand und mit Mundschutz. Da fällt es natürlich schwer, die alt bekannten Lieder aus fröhlicher Kehle mitzusingen. Und doch freue ich mich darüber, dass wir uns wieder treffen dürfen; dass wir den Klängen der Orgel lauschen können und gemeinsam das Vater unser beten können.
Heute, am Sonntag Kantate, werden wir dazu eingeladen zu singen und zu jubeln. Wir werden eingeladen, unserem Gott Lob und Dank zu singen. Der Predigttext für diesen Sonntag erinnert uns dabei an die feierliche Einweihung des neuen Tempels in Jerusalem (2.Chronik 5,2-14). Da gab es natürlich eine groß angelegte Zeremonie mit 120 Priestern, mit Chören und ganz vielen Musikern. Gemeinsam brachten sie die Bundeslade in den neu gebauten Tempel. Jenen vergoldeten Kasten, in dem die beiden Tafeln mit den 10 Geboten lagen. Auf dem Deckel waren zwei besondere Engel abgebildet: Cherubim. Engel mit 6 Flügeln – wie man sie hier auf den Bildern sieht und wie sie oft in der christlichen Kunst abgebildet werden. Im Buch Ezechiel werden die Cherubim als menschähnliche Wesen beschrieben, die drei Flügelpaare besitzen: Zwei Flügel nach oben bin; zwei Flügel zum Fliegen und zwei Flügel, um damit ihren Körper zu bedecken. Da sie auf dem Deckel der Bundeslade angebracht waren, standen sie also im Allerheiligsten Bereich des Tempels. In unmittelbarer Nähe Gottes. Und so werden sie auch in der christlichen Kunst immer als Begleiter Gottes dargestellt. Sie gehören sozusagen zum Hofstaat Gottes. Und wir dürfen davon ausgehen, dass auch die Cherubim in den Lobgesang Gottes einstimmen – wie es Gerhard Tersteegen in seinem bekannten Lied ja auch zum Ausdruck bringt. Und auch in jeder Abendmahlsfeier reihen wir uns in den himmlischen Gesang ein, wenn wir singen: „Himmel und Erde singen deiner Herrlichkeit: Hosianna in der Höhe!“
Zu viel „himmlisches Halleluja“ für Sie? Nun, gerade in diesen nicht ganz so leichten Tagen erfreue ich mich in besonderer Weise an der Natur, an der guten Schöpfung Gottes, an seinen guten Ordnungen und guten Natur- Gesetzen. Und der Krankheitserreger, der uns derzeit so viel Kopfzerbrechen bereitet, wäre wohl nie auf uns Menschen übergesprungen, wenn wir sorgsamer mit der Schöpfung umgehen würden. Immer mehr dieser wunderbaren Natur geht verloren, Arten sterben aus, das Klima wandelt sich. Gebe Gott, dass wir nach dem Ende der Krise nicht einfach so weiter machen wie zuvor. Für mich gehört zu diesem Nachdenken über das woher und wohin immer auch der Gedanke an Gott dazu; das Nachdenken über Gott und seine guten Werke, die zumindest mich immer wieder aufs Neue zum Nachdenken, zum Staunen und ja – zum Loben und Danken anregen.
Und wenn ich dann mit den irdischen Chören zusammen singen darf und sich die Engel mit ihrem Gesang anschließen und schließlich auch die Cherubim mit in den Lobgesang Gottes einstimmen, dann geht es mir und uns vielleicht so wie den Menschen damals bei der Einweihung des Tempels: Wir werden von Gottes Herrlichkeit umfangen und ergriffen; wir spüren es förmlich, dass Gottes Gegenwart uns umfängt. Wer wollte da nicht mit einstimmen: Singt dem Herrn ein neues Lied
Gebet:
Ewiger Gott, dein ist die Macht und die Kraft und die Herrlichkeit:
Ich möchte dich loben für diese wunderbare Welt,
für die Schönheit der Natur, für die guten Gesetze, die in ihr wirken.
Öffne unsere Herzen, unsere Kehlen und Münder, dass wir dich loben
Für alles Gute, das du uns immer wieder gibst.
Sei aber auch bei all jenes, denen es nicht so gut geht,
denen das Wasser bis zum Hals steht und denen das Lob im Halse stecken bleiben will.
Gib ihnen neue Kraft, lass ihre Hoffnung nicht erlöschen,
sondern stärke sie mit deiner wunderbaren Lebensenergie.
Darum bitten wir dich, Jesus, unseren Bruder und Herrn. Vater unser im Himmel …
Segen:
Es segne dich der heilige Gott, der alle Welt erschaffen hat; es segne dich der heilige Sohn, der Gottes Liebe zu uns Menschen gebracht hat und es segne dich der Heilige Geist, der Gottes Lebensenergie in unsere Herzen legt.
So segne dich der dreieinige Gott; Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen.
Einen gesegneten Sonntag Kantate wünscht ihr Pfarrer Andreas H. Pfautsch, Tel.: 07271 / 79311
„Wie lieblich ist der Maien aus lauter Gottesgüt‘, des sich die Menschen freuen, weil alles grünt und blüht! Die Tier sieht man jetzt springen mit Lust auf grüner Weid, die Vöglein hört man singen, die loben Gott mit Freud.“ (EG 501,1; Text: Martin Behm)
Dieses Lied gehört für mich untrennbar zum Monat Mai dazu. Mit dem fröhlichen Text und der beschwingten Melodie ist es ein Herzensöffner. Wenn, wie in diesen Tagen, dann auch noch das dringend benötigte Nass dazu kommt und tatsächlich das satte Grün das staubige Erdreich bedeckt, dann ist mein Herz voll von Lob und Dank über die wunderbare Schöpfung Gottes, die uns die schweren Tage, die wir derzeit erleben, eben doch ein wenig erträglicher machen.
Ja, bei aller Beschwernis, bei aller Mühe mit der Kontaktlosigkeit, mit dem Tragen des Mundschutzes, bei allen auch wirtschaftlichen Härten und familiären Problemen, die es sicher auch gibt: Diese Tage haben aber auch eine andere Seite! Leute, mit denen ich spreche, sagen mir: So gut sah mein Garten lange nicht mehr aus! Da ist alles geordnet, das Unkraut ist gejätet und so manche Pflanze ist neu gepflanzt. Die Zeit dazu haben wir ja jetzt. So geht es mir auch:
Unser kleines Kiwibäumchen in der Rabatte an der Hauswand hatte im Winter ein bisschen gelitten: Bei einem Sturm ist ein starker Ast durchgebrochen und so gab es jetzt eine Menge toter Äste, trockene Zweige, die abgeschnitten werden mussten, damit es wieder gut aussieht und die neuen Triebe Platz und Luft haben. Jetzt erobern sich neue Blätter und Blüten die Welt. Die Kiwi erinnert mich immer an die Weinranken, die ja ähnlich schnell und stark austreiben können:
Im Herbst schneidet der Winzer ja alle Triebe eines Weinstocks ab und lässt nur einen einzigen Trieb übrig, der sorgsam am Spalier festgebunden wird. Und wer im Winter durch einen Weinberg spaziert, mag kaum glauben, dass da im nächsten Herbst reichlich Trauben auf eine reiche Weinlese warten.
Jesus nimmt dieses Bild vom Weinstock und den Reben auf, wenn er zu seinen Jüngern sagt: „Ich bin der Weinstock und ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viele Frucht! Denn ohne mich könnt ihr nichts tun.“ Ein sinnfälliges Bild: Der gebrochene Ast hat keine Verbindung mehr zum Stock, er kommt nicht mehr an den Lebenssaft der Wurzeln, an Wasser und Nährstoffe heran und muss darum absterben. Aber wer am Weinstock bleibt, wie der kleine Trieb, der bleibt mit der Quelle des Lebens verbunden und hat Zugang zu Wasser und Nährstoffen. So kann er gut leben, neu sprießen und reiche Frucht hervorbringen. Jesus sagt: So ist das auch im Glauben: Wer sein Vertrauen auf Jesus setzt, der wird gerade in schweren Zeiten davon profitieren, dass er dicht am Weinstock gepflanzt ist. Dort wo Stärke, Kraft und Lebensmut zu finden sind. Wie gut das tun kann, davon redet folgende kleine Begegnung:
Bei einem Besuch zum 90. Geburtstag, sagt die Jubilarin zum Pfarrer: „Ach, Herr Pastor, es war ja nicht immer leicht. Mein Mann ist früh gestorben, da waren die Kinder noch klein. Da stand ich da und musste sehen, wie wir über die Runden kommen. Und dann ist mein Ältester gestorben. Mit Anfang Vierzig. Glauben Sie mir, das hängt mir heute noch nach.“
Sie trinkt einen Schluck Tee und rückt ihre Brille zurecht. „Aber auch wenn es schwer war, will ich doch keinen Tag missen. Das Leben ist kostbar. Wissen Sie, was mir immer Kraft gegeben hat? Dass ich Gottesdienst feiern konnte.“ Das stimmt. So lange sie noch gut laufen konnte, war sie sonntags immer in der Kirche. Aber nun machten die Beine nicht mehr so richtig mit. „Mir war es wichtig, dabei zu sein. In der Kirche andere zu treffen. Und wenn die Predigt nicht gut war, dann gab es ja immer noch den Segen. Der hat mir gutgetan.“
Liebe Leserin, lieber Leser! Ich weiß, dass es vielen von Euch, vielen von Ihnen, genauso geht, wie der 90jährigen Dame. Und auch ich vermisse derzeit die Orgelklänge, den Gesang, das gemeinsame Gebet und das gemeinsame Hören auf Gottes Wort. Umso schöner ist es, dass wir ab dem 10. Mai wieder zusammenkommen dürfen. Wenn auch mit Abstand und mit Mundschutz und in begrenzter Anzahl. In Hagenbach ist die Kirche wieder um 9.00 Uhr offen für einen Gottesdienst – in Wörth, Christuskirche um 10.15 Uhr. Vielleicht können wir uns dann wiedersehen und uns in Christi Namen versammeln, denn Jesus spricht: Ich bin der Weinstock – und ihr seid die Reben
Jesus, du starker und Kraft schenkender Weinstock:
Ich danke dir für alle Lebenskraft, für alle Schönheit und Energie,
die du mir und der Natur immer wieder schenkst.
Gib, dass ich an dir und in deiner Nähe bleibe und bei dir Kraft tanken kann.
Sei bei allen, die sich einsam, krank und schwach fühlen.
Lass sie nicht allein, sondern stärke sie mit deiner Lebensenergie.
Darum bitten wir dich, Jesus, unseren Bruder und Herrn. Amen.
Vater unser im Himmel …
Der ewige Gott gebe dir ein erfülltes Leben voller guter Gaben und Möglichkeiten;
eine feste Beziehung zu Jesus, in der du eng verwurzelt bist mit ihm;
verbunden wie eine Rebe mit ihrem Weinstock.
Gott schenke dir Anteil am Strom des Lebens,
damit du dich nähren und aufbauen kannst und mit Kraft und Fülle beschenkst wirst, auch in schweren Tagen; damit du so mit Jesus vernetzt bist
und für dich und für deine Mitmenschen reiche Frucht bringen kannst.
So segne dich der dreieinige Gott; Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen.
Einen gesegneten Sonntag Jubilate wünscht ihr
Pfarrer Andreas H. Pfautsch, Tel.: 07271 / 79311
Am Hirten-Sonntag, am 26. April 2020, hätten die Konfis in Hagenbach und in der Friedenskirche in Wörth ihre Konfirmation gehabt. Auch sie müssen verschoben werden – wie so viele andere Veranstaltungen auch. Wir sind im Krisen- Modus. Und in den sozialen Netzwerken geht ein humorvolles Gebet herum: „Herr, kannst du das Jahr 2020 bitte neu starten: Es hat einen Virus!“
Ja, manchmal denke ich, das wäre nicht schlecht, nochmal das Jahr von vorne anfangen zu lassen und dann hoffentlich an dem Krisengeschehen vorbeizukommen. Aber das geht natürlich nicht, das wissen wir alle. Da müssen wir durch. Alle miteinander. Für mich bleibt aber das Gebet zu Gott wichtig – denn mit Gott an meiner Seite, geht es allemal einfacher, als wenn ich mich allein durchs Leben quäle.
Das habe ich meinen Konfis auch mit auf den Weg gegeben, als wir miteinander den Psalm 23 besprochen haben. Noch immer gehören die Worte „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“ zu dem Lernstoff, den ich den Konfis abverlange. Und jedes Mal gibt es natürlich einige, die ein wenig protestieren und sagen: „Wozu muss ich das jetzt lernen?“ – und dann sage ich immer: „Damit du in Notzeiten wenigstens ein Gebet sprechen kannst, damit du dir Worte leihen kannst, wenn es ganz eng wird.“ Und es besteht ja leider in diesen Tagen durchaus die Möglichkeit, dass mich im Krankenhaus niemand mehr besuchen darf, im schlimmsten Fall – was ich natürlich niemandem wünsche -. Doch selbst dann habe ich eine „Notration“; Worte, die ich Gott sagen kann, wenn es ganz eng wird.
Wenn wir dann den Psalm 23 miteinander besprechen, dann öffnen sich auch für die Konfis die Worte dieses Psalms als herzliche Einladung Gottes an uns: Gott will uns zu schönen Plätzen führen, ans Wasser, wo es genug Nahrung gibt: Wasser und Essen jede Menge, wahrscheinlich sogar Hefe, Mehl und Nudeln und als besonders Geschenk auch noch eine Rolle Toilettenpapier dazu – denn Gott weiß mit Sicherheit, was uns fehlt! Gott will für uns sorgen, dass wir uns nicht zu fürchten brauchen. Er will uns mit allem überschütten, was wir zum Leben brauchen. Das wird in schönen Bildern beschrieben.
Der schönste Vers ist aber für mich immer wieder aufs Neue wohl der Vers 4, in dem es heißt: „Und ob ich schon wanderte durchs finstere Tal, fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir. Dein Stecken und Stab trösten mich!“ Denn neben allen positiven Dingen, die Gott mir geben will, bleiben mir dunkle Täler, Krisenzeiten und Furcht einflößende Wegabschnitte nicht erspart; da ist der Psalm sehr dicht an der Realität. Und doch sagt der Beter dieses Psalms: Auch in der Notzeit, kann und darf ich mich auf die Wegbegleitung und auf die tröstliche Nähe Gottes verlassen. Selbst dann, wenn es mir anders vorkommen mag: Gott ist und bleibt in meiner Nähe, er bleibt an meiner Seite und verteidigt mich gegen alles Unheil, das mir droht. Ja, selbst dann, wenn mich ein Unglück ereilt, bin ich nicht allein, sondern Gott, mein guter Hirte, ist und bleibt bei mir!
Und so kann der Beter des Psalms am Ende sagen: „Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar!“
Dieses Vertrauen in Gottes Geleit wünsche ich uns allen – ganz besonders natürlich unseren Konfirmanden. Für sie und für alle, die mögen, haben Pfr. Walter Riegel und ich wieder einen kurze Video-Andacht ins Netz gestellt. Abzurufen ist diese unter folgendem Link: https://www.youtube.com/channel/UCOpX57bDWojc78MtnkbpONg bzw. unterhalb dieser Andacht eingestellt.
Bleiben sie behütet, gesegnet und gesund, denn … der Herr ist mein Hirte!
Herr, unser Gott. Du bist für uns wie ein guter Hirte, der auf die Seinen achtet.
Du kennst jeden von uns und bleibst alle Tage unseres Lebens bei uns.
Wir danken dir für deine Nähe.
Sei du uns Schutz und Hilfe, gerade auch in diesen nicht so leichten Zeiten.
Bleibe du unser Hirte und begleite jeden von uns auf seinem Weg.
Sei besonders bei unseren Konfirmandinnen und Konfirmanden und ihren Familien
und bei allen, die sich in diesen Tagen einschränken müssen,
die auf Feste, auf Urlaub oder auf andere Freuden verzichten müssen;
ganz besonders aber bei denen, die krank sind oder um ihre Existenz bangen.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Bruder und Herrn. Amen..
Das bitten wir dich, den dreieinigen Gott mit den Worten, die Jesus uns selbst gelehrt hat: Vater unser im Himmel …
Gott gebe Dir für jeden Sturm einen Regenbogen,
für jede Träne ein Lachen, für jede Sorge eine Aussicht,
und eine Hilfe in jeder Schwierigkeit, für jedes Problem,
das das Leben schickt, einen Freund, es zu teilen,
für jeden Seufzer ein schönes Lied und eine Antwort auf jedes Gebet.
So segne euch der dreieinige Gott; Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Amen.
Einen gesegneten Hirten-Sonntag wünscht ihr Pfarrer Andreas H. Pfautsch,
Tel.: 07271 / 79311
Der kommende Sonntag, der erste Sonntag nach Ostern, wird auch gerne: „Weißer Sonntag“ genannt. Ein Tag, an dem normalerweise viele katholische Kinder in schönen weißen Kleidern die Feier ihrer Erstkommunion festlich begehen. Dazu passt auch der lateinische Name dieses Sonntags: ‚Quasimodogeniti‘ – was soviel heißt wie ‚Wie die neugeborenen Kinder‘.
Denn sowohl bei der Erstkommunion wie auch bei der Feier unserer Konfirmation geht es um Bezüge zur Taufe. Nur getaufte Christen nehmen auf katholischer Seite an der Erstkommunion teil und auf evangelischer Seite an der Konfirmation. Und von der Tauffeier kommt auch der Ursprung der Bezeichnung: „Weißer Sonntag“ her. Denn im frühen Christentum war die Osternacht der bevorzugte Termin für die Taufe. Und die frisch Getauften durften ihre weißen Taufkleider eine Woche lang anbehalten – das dürfte heute bei vielen Kindern echt schwierig werden …
Sie sehen übrigens auf dem Foto Erwachsene, die sich im Jordan taufen lassen, südlich des Sees Genezareth, und ebenfalls weiße Gewänder zum Zeichen Ihrer Reinheit tragen.
In diesem Jahr wird das Land Israel zu einem Sehnsuchtsort. Die ganzen Heiligen Stätten bleiben menschenleer. Die historischen Stätten mit dieser Taufstelle, mit Golgatha und Heiligem Grab, mit der Geburtskirche in Bethlehem oder der Verkündigungskirche in Nazareth und vielen anderen mehr – alles leer, wie leergefegt. Keine Pilger, keine Touristen, keine Händler – alles leer. Für jemanden, der dort einmal war, ist das eine merkwürdige Vorstellung. Ja, die Woche nach Ostern, in der sonst so viele Menschen unterwegs sind, ob noch einmal in den Ski- Urlaub oder in den Süden oder ans Meer. All das ist nicht möglich in diesem Jahr. Ja selbst der Besuch bei lieben Verwandten wird zu einer ersehnten Begegnung. Was für eine merkwürdige Zeit, die wir alle gemeinsam miterleben müssen.
Und gerade jetzt, wo wir uns so nach Nähe, nach Umarmungen, nach ein paar unbeschwerten Tagen in der Ferne sehen, gerade jetzt ist uns für diesen Sonntag ein Trostwort aus dem Jesajabuch an die Hand gegeben. Dort heißt es:
Gott, der HERR, gibt dem Müden Kraft und Stärke genug dem Unvermögenden. Jünglinge werden müde und matt, und Männer straucheln und fallen; aber die auf den HERRN harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden. (Jesaja 40,29-31)
Liebe Leserin, lieber Leser!
Als ich diese Zeilen gelesen habe, wurde mir ganz warm ums Herz. Was für wunderbare Worte gerade in diesen Tagen: Ja, so geht es mir und uns doch: Wir sind ein bisschen müde geworden. Auch die Starken beschleicht hier und da ein unwohles Gefühl: Wie lange soll das noch gehen? Gibt es denn gar kein Ende in dieser Corana- Pandemie?
Was für ein schönes Bild, dass Gott uns stärkt und uns unter die Arme greift, so dass wir auffahren können wie Adler! Ein Kindheitstraum: Fliegen! Sich in die Lüfte erheben. Die Dinge von oben sehen. Frei. Stark. Und unbeschränkt von Grenzen und anderen Zwängen. Das alles will uns Gott schenken!
Und ich musste an unseren Kirchenchor denken, der im letzten Jahr an Karfreitag und an Ostern ein letztes Mal gesungen hat. Eines unserer Lieblingslieder hieß: „Auf Adlers Flügeln getragen übers brausende Meer der Zeit, getragen von Adlers Flügeln
bis hinein in die Ewigkeit. Über Berge und Täler und Gründe, immer höher zur himmlischen Höh', denn die Flügel sind stark, die mich tragen, die Flügel, auf denen ich steh'!“ Möge Gott uns diese Leichtigkeit geben, damit wir diese Zeit gut überstehen! Denn wir dürfen wissen:
Bei Gott werden wir … auf Adlers Flügeln getragen!
Gebet:
Gott, wir danken dir, dass du bei uns bist, gestern, heute und auch morgen noch.
Wer auf deinen Namen getauft ist und wer dir vertraut,
den wirst du nicht verlassen, sondern ihn heben und tragen und trösten.
Danke, dass du uns immer wieder neu Kraft und Stärke geben willst,
dass wir auffahren können wie ein starker Adler!
Wir bitten dich für alle, die müde werden wollen,
die alleine sind oder sich alleine fühlen.
Sei bei ihnen mit deiner erfrischenden Kraft und Stärke
und zeige uns, wo wir anderen helfen können.
Das bitten wir dich, den dreieinigen Gott mit den Worten, die Jesus uns selbst gelehrt hat: Vater unser im Himmel …
Segen:
Ich wünsche euch, dass ihr wie eine Sonne seid und von euch Leuchtkraft ausgeht.
Ich wünsche euch, dass ihr wie ein Adler seid,
der aus der Fülle des Alltäglichen aufsteigt zu Höhenflügen und Übersicht.
Ich wünsche euch, dass ihr in allem, was geschieht, tief in euch das findet,
was am Ende des Tages und aller Tage zählt: zu lieben und geliebt zu sein.
So segne euch der dreieinige Gott; Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen.
Einen gesegneten Sonntag nach Ostern wünscht ihr Pfarrer Andreas H. Pfautsch